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geb. 1967 in Rostock, freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa.
Unlängst warb der ungarische Schriftsteller György Konrád um Verständnis für die rassistische und xenophobe Flüchtlingspolitik des Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Konrád sagte im oppositionellen ungarischen News-TV ATV u.a. (hier der Link für Sprachkundige), Christen seien „weniger gefährlich“ als Muslime, viele ihrer Normen passten nicht zu europäischen Werten, deshalb brauche man eine „kluge Einwanderungspolitik“. Nun reiht sich eine weitere nahmhafte osteuropäische Intellektuelle in die Reihe derer ein, die ein gewisses Verständnis für die Abschottungspolitik osteuropäischer Regierungen zeigen: die kroatische Schriftstellerin Slavenka Drakulic. Sie ist, vor allem was die jugoslawischen Sezessionskriege angeht, eine große, kluge Mythenzerstörerin – nun bemüht sie unhinterfragt einen Mythos, um dem „scheinheiligen“ Westen begreiflich zu machen, warum der Osten sich so sehr gegen Flüchtlinge sträubt: der Mythos vom sowjetischen Totalitarismus, der das Nationalbewusstsein osteuropäischer Nationen so sehr unterdrückt habe, dass selbige aufgrund dieses erlittenen Traumas nun Flüchtlinge ablehnten. Daher sei beispielsweise Orbáns Politik moralisch womöglich inakzeptabel, im Kontext des Traumas jedoch erklärlich. Drakulic blendet die historische „Misere der osteuropäischen Kleinstaaterei“ (István Bibó) komplett aus. Zudem gab es im kommunistischen Osteuropa nur eine sehr kurze Periode, in der der Sowjetstalinismus tatsächlich anstrebte, das Nationalbewusstsein in den Satellitenstaaten zu zerstören. Als die zuende war, zogen die „Kommunisten“ fast überall kräftig die nationalen Register – angefangen von der Preußen-Renaissance in der DDR bis zum extremen Nationalismus unter Ceausescu. Dass der „scheinheilige Westen“ irgendwann vielleicht selbst die Zäune baut, für die er Orbán zuvor kritisiert hat, sollte nicht verwundern. Dass kritische osteuropäische Großintellektuelle zu Apologeten ihrer xenophoben Regierungen werden, schon.
Quelle: Slavenka Drakulic eurozine.com
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