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Kurator'in für: Europa Fundstücke Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953, geboren in Bünde/Westfalen. Nach dem Studium der evangelischen Theologie in Bielefeld und Marburg/Lahn ab 1989 Leiter des Industrie- und Sozialpfarramtes des Kirchenkreises Herne. Von 2007 bis 2009 Referent für Sozialethik an der Evangelischen Stadtakademie Bochum. Von 2009 bis 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments (DIE LINKE). Mein persönliches Highlight im EP: Ich war Berichterstatter für die Zahlungskontenrichtlinie, die jedem legal in der EU lebenden Menschen das Recht auf ein Bankkonto garantiert. Seit 2014 freiberuflich tätig. Publizist. Diverse Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Publikationen, seit Dezember 2016 Herausgeber des Europa.blog und seit Juni 2020 auch Herausgeber des "Ruhrpott Podcast".
Auf Mastodon: @[email protected]
Auf Bluesky: @jklute.bsky.social
Der Schengen-Raum war gerade mal 20 Jahre alt, als europäische Politker*innen diese zivilisatorische Errungenschaft angesichts einer im globalen Maßstab vergleichsweise geringen Zahl von Flüchtlingen, die nach Europa drängte, fast wieder zum Scheitern gebracht hätte.
Ulrike Guérot und Robert Menasse haben das zum Anlass genommen, die Entwicklung der Grenzziehungen in Europa nachzuzeichnen und sind zu überraschenden Einsichten gekommen. Eine zentrale Erkenntnis ist, dass Grenzen in Europa ein sehr junges Phänomen sind:
(Wer mehr zu den Gründen der Grenzziehungen und der Entstehung der Nationalstaaten wissen möchte, dem empfehle ich den Piq von David Kretz "Ist doch total 1648".)Die sogenannten vier Freiheiten (Personenfreizügigkeit sowie Freizügigkeit für Waren, Dienstleistungen und Kapital) sind die größte Errungenschaft des europäischen Einigungsprojekts nach dem Krieg, aber sie sind kein Novum in der europäischen Geschichte, sondern bloß ein Schritt zur Wiederherstellung historischer Normalität: Denn Grenzenlosigkeit gab es in Europa die längste Zeit, vom Mittelalter bis weit ins 19. Jahrhundert hinein.
...
Würden die Europäer die europäische Geschichte kennen und nicht bloß das, was sie kennen, für normal halten, dann hätten sie selbstverständlich diesen Wunsch: den jahrhundertelangen historischen Normalzustand von Grenzenlosigkeit in Europa wieder zu errichten, der erst durch die zwei Weltkriege, den „zweiten Dreißigjährigen Krieg“ Europas, im 20. Jahrhundert brutal und blutig zerstört wurde.
Flüchtlinge stießen dann natürlich nicht mehr auf geschlossene Grenzen. Guérot und Menasse erinnern in ihrem Artikel daran, dass es z.B. in den USA nicht unüblich war, dass Migranten neue Städte aufgebaut haben. Mit Blick auf diese alte Praxis fragen sie, ob es nicht eine bessere Alternative zur verkrampften heutigen Integrationspolitik wäre, den Migranten Flächen zu geben, um beispielsweise ein Neu-Aleppo in Europa aufzubauen.
Quelle: Ulrike Guérot und Robert Menasse taz.de
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