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Europa

Die zweite Schattenseite der Ostseepipeline

Sven PrangeSonntag, 22.08.2021

In diesen Wochen stellt ein Konglomerat aus russisch-deutschen Firmen eine Röhre vor Rügen fertig, ohne dass dies groß die Menschen aufregt. Also die Röhre schon, aber nicht unbedingt die Tatsache, dass sie im Prinzip schon fertig ist. Die Diskussion über Sinn oder Unsinn dieser Röhre tut ja immer so, als ob sie noch grundsätzlich zu diskutieren sei. Bei der Röhre handelt es sich um die Pipeline Nord-Stream 2, die künftig Gas aus Russland nach Deutschland transportieren soll.

Es ist nicht so, dass diese Pipeline jemals unumstritten gewesen wäre. Vor allem aber eine Seilschaft aus SPD-Politiker:innen, angefangen beim ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder bis hin zur heutigen mecklenburg-vorpommerischen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, hat diese Pipeline, zum Teil mit mehr als dubiosen Methoden, durchgesetzt. Kritiker:innen haben sich dabei vor allem auf ein Argument gestützt, das aber nicht durchdrang: die Pipeline spalte Europa. In der Tat sind sowohl die EU-Kommission als auch wohl eine Mehrheit der EU-Staaten gegen diese Pipeline. Sie fürchten, der russische Präsident Wladimir Putin könne so die EU-Macht Deutschland gegen osteuropäische EU-Staaten ausspielen. Denn die Pipeline schafft eine direkte Verbindung zwischen Deutschland und Russland.

Nichts an dieser Argumentation ist falsch. Aber das strategische Russland-Problem ist nicht das einzige Mega-Argument gegen diese Pipeline. Das sollten nämlich Deutschlands Klimaziele sein. Und das fächert dieser Film auf.

„Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, dann ist Gas eine Brücke ins Nichts",

sagt Energieökonomin Prof. Claudia Kemfert vom "Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung". Und auch Klimaforscher Ralf Sussmann, der für das "Institut für Technologie" in Karlsruhe arbeitet, erklärt, wie Erdgas zum Anstieg des Klimakillers Methan beiträgt. In 2962 Metern Höhe misst er auf der Zugspitze die Zusammensetzung der Atmosphäre.

"Wir stellen seit Jahren einen dramatischen Methan-Anstieg fest, und Methan ist um ein Vielfaches klimaschädlicher als CO2."

Wenn die Bundesregierung also unbeirrt an der Inbetriebnahme festhält, distanziert sie sich von ihrem eigenen Klimaziel. Vermutlich ist es für dieses Argument zu spät. Falsch wird es dadurch aber nicht.

Die zweite Schattenseite der Ostseepipeline

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Kommentare 5
  1. Andreas Metz
    Andreas Metz · vor 3 Jahren

    Entschuldigung, ich habe ja schon sehr lange geschrieben, aber es lesen die Empfehlungen ja sicher viele Journalisten. Da kann ich mir diesen Hinweis auf Frau Prof. Kemfert nicht verkneifen, die in keinem Anti-Nord-Stream2-Beitrag fehlen darf: Sie hat ja völlig recht mit Ihrem Hinweis, dass wir in Europa auch ohne Nord Stream 2 genug Energieinfrastruktur haben. Diesen Satz darf sie überall erzählen. Aber hat mal jemand hinterfragt, was sie damit meint? Es gibt rund 30 kaum-ausgelastete LNG-Terminals, es gibt das veraltete bzw. modernisierungsbedürftige ukrainische/belarussische Pipelinenetz. Es gibt hohe Anteile von Atomkraft in Frankreich und Kohle in Polen etc. Sollen wir also im Sinne des Klimaschutzes lieber weiterhin auf diese Projekte setzen? Wie sieht da im Vergleich zu Nord Stream 2 dann die Klima- und Umweltbilanz aus? Und gibt es in Europa überhaupt genug Flächen und die Technologie, um komplett auf Erneuerbare Energie umzustellen? Welche Zielkonflikte entstehen dort? Was sagt darüber Kempferts Studien aus? Leider nicht viel. Ihre Studien gehen von rein theoretische Ausstiegs- bzw. Umstiegsszenarien aus und diese sind dann auch nur auf Deutschland bezogen. Es gibt bei ihr kein europäisches Konzept. Die Wahrheit ist, dass immer mehr Länder wieder in die Atomkraft einsteigen wollen. Besser wir nutzen Erdgas als Brücke, um dann hoffentlich ab den 2040er Jahren genug technische Lösungen für die fossilfreie Welt zu haben...

  2. Andreas Metz
    Andreas Metz · vor 3 Jahren

    Ich bin seit Jahren im Thema und habe mir den Film in Ruhe angesehen. Leider fehlte es dem Autor entweder an Kenntnis oder an Objektivität, denn er schafft es nicht das Projekt im Licht einer gesamteuropäischen Energie- und Umweltpolitik zu sehen: Wenn Methan ein so großes Problem bei Erdgas ist, dann macht es keinen Sinn, ausgerechnet eine Pipeline zu verhindern, die kürzer und moderner ist und mindestens 5-6-mal weniger Methan-Leckagen hat, als die veralteten ukrainischen Pipelines, die dabei hilft, dass weniger US-LNG-Fracking-Gas auf den europäischen Markt kommt, mit deren Hilfe sich bei uns der Kohleausstieg beschleunigen und die Stromlücke durch die AKW-Stilllegung schließen lässt, ohne dass unsere Energiepreise für Haushalte noch teurer werden. Nord Stream 2 bringt nicht, wie alle befragten Umweltschützer unisono behaupten, mehr CO2 in die Welt, sondern hilft bei dessen Einsparung. Ganz zu schweigen davon, dass diese Pipeline am ehesten für die Beimischung von Wasserstoff ausgelegt ist und uns in der Zukunft noch sehr helfen wird, Russland auf einen grünen Energiepfad zu bringen. Dass die Pipeline Europa spaltet, ist vor allem finanziell begründet: Wer hat schon gerne, dass es konkurrierende Lieferwege gibt und man selbst Transitgebühren verliert? Wer findet es schon gut, nicht mehr Druck auf Liefer- und Empfängerländer ausüben zu können? Wie wäre es denn umgekehrt mal mit Lob für uns Deutsche und die deutsche Wirtschaft, dass wir 50 Jahre lang Gaspipelines durch die Ukraine und Belarus mitfinanziert und gebaut haben und den Ländern seit Ihrer Unabhängigkeit in den vergangenen 30 Jahren viele Einnahmen beschert haben? Die Amerikaner haben diese Pipeline-Geschäfte schon damals kritisch gesehen, wenn es nach ihnen gegangen wäre, hätte es schon die Pipelines durch Belarus und Polen nie gegeben... Klar, das sind alles sehr komplexe Themen und schwer auf 35 Minuten abzuhandeln. Dennoch: Der Film hat leider Schieflage, die Befürworter des Projektes kommen kaum zu Wort.

    1. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor 3 Jahren

      nicht falsch - aber es Ist ja nicht so dass nordstream 1 wegfällt. Insofern erzeugt 2 auf jeden Fall mehr umweltschäden

  3. Der Barde Ralph
    Der Barde Ralph · vor 3 Jahren

    Wieder so ein transatlantischer anti Russen Bashing Artikel.
    Wir brauchen ein vereintes Europa und dazu gehört für mich auch Russland.
    Konsequent wäre es gewesen, die Schäden beider Gas Lines nebeneinander zu stellen, auch die des Fracking Gas aus Amerika. Hier schließen die Amerikaner sehr schlecht ab.
    Also, was soll das?

    1. Burkhard Geis
      Burkhard Geis · vor 3 Jahren

      Wie kann man nur Russland in seiner jetzigen Verfassung in einem vereinten Europa mitdenken! Und von diesem Land machen wir uns in der Energieversorgung noch weiter abhängig (ganz anders, als von der USA) und gefährden die Ukraine und weitere osteuropäische EU-Länder (!) politisch und wirtschaftlich.
      Burkhard Geis

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