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Europa

Europaparlament reagiert auf Katar-Gate

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteFreitag, 15.09.2023

Einige Leserinnen und Leser erinnern sich sicher noch an Katar-Gate, jenem Schmiergeld-Skandal im Europäischen Parlament, den die belgische Staatsanwaltschaft kurz vor dem Weihnachtsfest 2022 aufgedeckt hat. In dieser Woche hat sich das Europäische Parlament auf seiner Plenarsitzung in Straßburg neue Regeln gegeben, die eine Wiederholung von Katar-Gate verhindern sollen.

In den deutschsprachigen Medien hat die Entscheidung des Europäischen Parlaments kaum einen Widerhall gefunden. Immerhin hat die taz darüber einen Bericht von Eric Bonse veröffentlicht. Bonse skizziert die neuen Regelungen und präsentiert zudem einige Reaktionen von Europaabgeordneten und aus der Zivilgesellschaft auf die neuen Regeln.

Bemerkenswert ist, dass die konservative EVP/EPP-Fraktion im Europäischen Parlament, der auch die CDU- und CSU-Mitglieder aus der Bundesrepublik angehören, unter der Leitung des deutschen CSU-Mitglieds Manfred Weber der Neureglung nicht zugestimmt haben.

Europaparlament reagiert auf Katar-Gate

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Kommentare 29
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor einem Jahr

    Eigentlich eine Selbstverständlichkeit …… Aber ausrotten wird man die Korruption damit nicht.

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      Für die EU ist das in der Tat eine Selbstverständlichkeit. Und nur neun Monate nach dem Aufdecken des Korruptionsskandals hat das EP Konsequenzen daraus gezogen. Allerdings: Die EVP hat dem Beschluss nicht zugestimmt.

      Für die Bundesrepublik ist eine solche schnelle und vergleichsweise weitgehende Reaktion auf Skandale alles andere als Selbstverständlich. Im Vergleich zur EU entspricht die BRD eher dem, was mit dem Begriff "Bananenrepublik" gemeint ist (es gab in den 1980er Jahren mal einen Sticker: BRD = Bananenrepublik Deutschland). Das Leute wie Andreas Scheuer und Olaf Scholz nach ihren Affären noch in politischen Funktionen sind, wäre beispielsweise in Belgien kaum denkbar. Da treten PolitikerInnen für Fehlverhalten zurück, die man in Deutschland noch nicht einmal als Peanuts zur Kenntnis nehmen würde.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Warum hat es dann erst eines Korruptionsskandals bedurft? Ich kenne die Gründe nicht, die EVP für die Verweigerung anführt nicht? Die sollte man schon kommunizieren. An den im Artikel genannten Vorbehalten ist ja was dran. Im Gunde erzeugt diese Art von bürokratischer Transparenz Mißtrauen oder verstärkt es. Schwierig …..

    3. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Die EU schreibt ihre Regeln zur Korruptionsbekämpfung regelmäßig fort. Aber man kann selbstverständlich nicht alle Formen von Korruption vorwegnehmen. Von daher ist es normal, auf entsprechendes Fehlverhalten zu reagieren, wenn es vorkommt. Der EVP waren die Regelungen zu weitgehend. Es reicht ja, sich die Blockadeargumente aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen schärfere Korruptions- und Lobbyregeln, wie sie in Westeuropa üblich sind, anzuschauen. Ansonsten sind die Änderungsanträge der MdEP und der EP-Fraktionen in allen EU-Amtssprachen im Internet für jede und jeden zugänglich – dauerhaft.

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Ok, dann kann man ja über die Argumente seriös berichten ….

    5. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Die Argumente sind doch allgemein bekannt: Weniger scharfe Korruptions- und Lobbyregeln, um sich vor härteren Strafen zu schützen und den Lobbyismus aus der Großwirtschaft nicht all zu sehr zu behindern. In kaum einem Land ist die Politik so eng verbandelt mit der Großwirtschaft wie in der BRD. Und das hat eine lange und dunkle Tradition.

    6. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Das zumindest wird immer behauptet auch um sich selbst in eine Kontroll- und Machtposition zu bringen. Die Kontrollbürokratie wächst dementsprechend. Ist aber alles kein Grund, die Argumente dieser Parteien nicht zu nennen und zu diskutieren.

    7. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Die Argumente sind doch bekannt. Warum sollen sie ein weiteres Mal wiederholt werden? Das langweilt die Lesenden doch nur.

    8. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Die Argumente der Transparenz- und Kontrolllobby sind bekannt. Die Argumente der Kritiker weniger.

    9. Dominik Lenné
      Dominik Lenné · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Habe kurz versucht, die EPP-Argumente zu recherchieren. Bin nicht weit gekommen damit. Man muss schon tiefer einsteigen dafür anscheinend.

    10. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      @Dominik Lenné Die EVP hat einige korrupte Politiker in ihren Reihen (andere sicher auch, aber nicht so viele). Man kann sich ja nicht offen für Korruption aussprechen. Also muss man man sehr formal und gelegentlich mit Bürokratiekritik argumentieren.

      Die EVP will ihre engen Beziehungen zur Wirtschaft schlicht nicht allzu offen legen.

      Die britischen Torries im EP waren und übrigens sehr transparent. Tirrie-MEP haben offene und immer aktuelle Listen mit Lobbytreffen auf ihren Webseiten veröffentlicht gehabt: Tag, Uhrzeit, Namen, Unternehmen, Ort und Themen waren in den Listen vermerkt.

    11. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Wodurch verhindern Listen mit offiziellen Lobbytreffen denn Korruption? Das ist doch naiv.

    12. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Naiv ist das eben nicht. Es wird erst einmal Transparenz hergestellt. Das ist eine wesentliche Voraussetzung, um Korruption auf die Spur kommen zu können. Aber nicht jede Form von Lobbyismus ist korrupt. Es geht auch darum, transparent zu machen, wessen Interessen man welches Gewicht zumisst.

    13. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Also wenn ich wirklich Korrupt sein will, dann organisiere ich das anders. Listen sind doch keine Transparenz. Auch bei Katargate waren die Beziehungen der Täter zu Katar oder Marokko ja vorher grundsätzlich bekannt - ebenso ihre Pro-Haltung zu diesen Ländern.

      Für die Strafverfolgung mag es hilfreich sein, wenn es zu den Listen dann zusätzliche Geheimtreffen gab und die aufgedeckt werden. Die dilettantischen Bargeldzahlungen findet man durch Listen allerdings nicht.

    14. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Kontakte und politische Gespräche sind legal. Sie gehören zum politische Tagesgeschäft. Sonst bräuchte es ja keine PolitikerInnen. Aber Geldzahlungen sind nun mal etwas anderes.

      Listen sind selbstverständlich ein Mittel, um Transparenz herzustellen, wenn sie aktuell und für jeden Einsehbar sind. Was soll an solchen Listen nicht transparent sein?

      Ich empfehle einfach mal: Bevor man sich ins deutsche Rummäkeln flüchtet, erst mal über den Tellerrand schauen und ausprobieren, was anderswo besser läuft (und da kann die deutsche Gesellschaft noch viel von einigen Nachbargesellschaften lernen).

    15. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Das hat doch mit rummäkeln nichts zu tun. Es geht doch darum effektive und handhabbare Mechanismen zu finden. Ich habe fast 30ig Jahre erhebliche öffentliche Gelder vergeben mit zahlreichen Kontrollen durch Rechnungshöfe. Aus ganz praktischer Erfahrung kann ich sagen - kein Mensch würde in solche Listen oder in Protokolle irgend etwas Korruptionsrelevantes reinschreiben. Das einzige was noch weiter steigt ist der bürokratische Aufwand. Und der ist in den 30 Jahren in der Tat exponentiell gewachsen.

      Was ist das denn für ein Menschenbild, dass solche Kontrolldichte fordert? Welcher halbwegs intelligente Mensch will in solchen Kontrolleti-Institutionen arbeiten? Wer geht da noch inhaltliche Risiken ein um Innovationen durchzusetzen?

    16. Dominik Lenné
      Dominik Lenné · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      @Jürgen Klute In der taz vom 15.9.23: "Die Ernte von Katargate":
      * Vermögensdeklaration am Beginn und Ende des Mandats
      * Regeln zu Geschenken und Reisekosten
      * Veröffentlichung von mehr Lobbyistengesprächen
      * mehr Regulierung der "Freundeskreise mit Drittländern" (was immer das ist)
      CDU:
      * "Regeln schränken Freiheit des Mandats ein."
      * "Rechtfertigung für Treffen außerhalb des Parlaments 'unerträglich'"
      * "Reform geht an 'Katargate' vorbei."
      Wenn das die wesentlichen Kritikpunkte sind, kann man sagen, dass die Kritik nicht substanziell, sondern rein emotional ist.
      Zusatzinfo im Artikel:
      * Unabhängige Kontrolle gibt es noch nicht (was genau heißt das?)
      * Überwachung ist noch zu lax. z.B. gegen bestimmte Jobs nach der EU-Zeit.

    17. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      @Dominik Lenné Also das mit der Vermögensdeklaration finde ich interessant. Regeln zu Geschenken und Reiskosten sollte es eigentlich schon gegeben haben. Ich war Anfang der 90er als deutscher Experte in der Kommission unterwegs. Damals wurden diese Regeln für uns schon verschärft. Sollte das für Abgeordnete nicht gelten?

      Wenn jetzt allerdings auch noch die Protokolle der (u.U. vertraulichen) Gespräche von Abgeordneten veröffentlicht werden sollen, dann erzeugt das zwar einen riesigen Informationsberg. Aber irgendetwas Korruptionsrelevantes wird da keiner reinschreiben. Nur die Versuchung dem anderen hinterher zu schnüffeln um ihm etwas anzuhängen wächst. Ich möchte mir die vielen medialen Erregungswellen gar nicht vorstellen. Wir haben doch jetzt schon eine Atmosphäre des Mißtrauens dem politischen Gegnern gegenüber und auch gegen Politiker. Wir bekommen dann eine Atmosphäre der ständigen Absicherung und Vorsicht. So wie heute schon in den meisten Bürokratien - kein Risiko, null Innovation, lange Realisierungszeiträume. Wer will und kann denn in einer solchen Atmosphäre noch gut und intensiv arbeiten? Nein, die Einwände sind für mich sehr nachvollziehbar, aus eigener Erfahrung im Umgang mit öffentlich geförderten Projekten. Unter solchen Bedingungen kann man nicht arbeiten.

    18. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Übrigens im Korruptionswahrnehmungsindex liegt Belgien erheblich hinter D. Frankreich und Österreich auch.

      https://de.wikipedia.o...

      So schlecht scheint die Bundesrepublik also nicht zu sein.

    19. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Das ist leider Wunschdenken und entspricht nicht der Realität. Auf dem Einwohnermeldeamt gibt es sicher keine Korruption. Aber auf höherer Ebene gilt Deutschland als Geldwäscheparadies und die UN haben längst ein kritisches Auge auf Deutschland gerichtet.

      Wenn ich nur die letzten Jahre zurückblicke, wie schnell etwa in Belgien relativ geringe Regelverstöße von PolitikerInnen in Belgien zu Rücktritten der entsprechenden Personen führen, dann ist Deutschland im Vergleich dazu eine Bananenrepublik.

    20. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Na, in Deutschland treten Bundespräsidenten wegen Bobbycars zurück. Oder Minister wegen nicht regelgerechten Zitaten in der Doktorarbeit. Ich weiß gar nicht, ob man wegen solcher Regelverstöße gleich zurücktreten sollte. Erscheint mir oft etwas hypermoralisierend.

      Geldwäsche ist sicher ein Problem. Aber meist keine Korruption.

    21. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Diese Rücktritte wegen Doktorarbeiten sind für mich politisch irrelevant und Symbolpolitik. Ansonsten schau einfach mal, wie man außerhalb der BRD in Westeuropa mit politischen Regelverstößen umgeht.

    22. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Was sind denn wann politische Regelverstöße? Wie wird das definiert? Wie soll man das halbwegs objektiv vergleichen ohne Statistiken? Und wie gesagt, Regelverstoß ist nicht grundsätzlich Korruption.

    23. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Einfach mal die Regeln anschauen. Wobei die Regeln auf EU-Ebene schärfer sind und auch schärfer durchgesetzt werden als in der BRD.

    24. Dominik Lenné
      Dominik Lenné · vor einem Jahr

      @Jürgen Klute @Jürgen Klute: Zu schreiben "einfach mal die Regel anschauen" ist ein bischen einfach. Etwas konkreter zu werden würde die Diskussion - auch für die Mitleser|innen - weiter bringen.

    25. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Auch ich hätte mir etwas mehr Orientierung im Piq gewünscht. Dass selbst nach einer Recherche im Netz wenig durchdringt, liegt sicher daran, dass die nach einem 14-Punkte-Plan getroffenen Reformen hinter verschlossenen Türen verhandelt wurden: https://www.lobbycontr...
      Welche der Reformvorschläge laut EVP bzw. CDU der Freiheit des Mandats widersprächen und deshalb nicht umgesetzt wurden, bleibt im Dunkeln.

      Aus einer Pressemitteilung der Grünen/EFA:
      "Eine grundlegende Reform der Transparenzregeln im EU-Parlament wurde aber verpasst. Der Widerstand der EVP-Fraktion und Rechtsaußen gegen wirksame Regeldurchsetzung ist eine Belastung für die Europawahl. Am schmerzhaftesten ist weiterhin die komplette Abwesenheit einer unabhängigen Kontrollinstanz von Lobbyregeln.” https://www.greens-efa...
      Ist mit Letzterer die übergreifende Ethikbehörde gemeint, die Eric Bonse erwähnt?

      Über den Realisierungsstand des 14-Punkte-Plans Roberta Metsolas vor der Sommerpause berichtete die SZ. Daniel Freund, Abgeordneter von den deutschen Grünen, kämpft seit Jahren gegen Korruption in der EU. Er spricht von einer "Kultur der Straflosigkeit" im Parlament: https://www.sueddeutsc...

      Diese Zeitung schreibt in einem weiteren Artikel:
      "Die Ermittlungen im Fall Katargate galten lange als Glanzstück der belgischen Justiz. Nun bekommt das Bild Risse: Wurde eine Belgierin allzu schonend behandelt?"
      Es geht um Marie Arena von der S&D-Fraktion, der enge Kontakte zum Katargate-Zirkel und Antonio Panzeri, dem Drahtzieher in dem Skandal, nachgesagt werden. Der Ermittlungsleiter Michel Claise trat im Juni von seinem Amt zurück, um Befangenheitsvorwürfen vorzubeugen. Arenas und Claise' Söhne unterhalten eine Geschäftsbeziehung, die freilich zu Beginn der Ermittlungen bereits bestand.
      https://www.sueddeutsc... (Paywall)

    26. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Gibt es Regeln zu politischem Fehlverhalten? Was ist damit gemeint? Doch sicher nicht Korruption? Meist hängt ja die größe des Skandals von der moralischen Erregung der Öffentlichkeit ab, weniger vom Fehlverhalten eines Politikers. Ist also auch mediengetrieben.

  2. Judith Ecker
    Judith Ecker · vor einem Jahr

    https://www.euractiv.c...
    hier ein weiterer Artikel dazu

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      Danke für den Hinweis. Euractiv berichtet selbstverständlich in der Regel über solche Entscheidungen des EP. Aber ich muss zugeben, ich hatte den Beitrag übersehen.

      Hier aber auch die deutschsprachige Fassung auf Euractiv:
      https://www.euractiv.d...

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