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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Eine aufschlussreiche Reportage aus dem ostukrainischen Schastja - sie ist ein Pendant zum Bericht von Konrad Schuller aus den russisch besetzten Gebieten, auf den Simone Brunner in diesem Kanal hinwies - zeigt, was sich für die Einwohner verändert hat:
„Vor 2014 dauerte eine Fahrt mit dem Auto aus Schastja nach Lugansk fünfzehn Minuten, jetzt kann sie einen Tag und eine Nacht dauern. Früher gehörte Schastja noch zum Verwaltungsbezirk von Lugansk, sehr viele pendelten täglich von Schastja nach Lugansk und zurück, jetzt kann keiner der vierzehntausend Einwohner der Stadt mehr in Lugansk arbeiten."
Aber über den Krieg kann man weniger in Schastja erfahren als über den Frieden:
„Es macht keinen Sinn, nach Schastja zu kommen, um die Kriegslogik zu verstehen. Im Epizentrum der Ereignisse stehen unfreiwillige Betroffene, die sich weigern, die Ursachen, die Natur und die Perspektiven dieses Krieges zumindest zu versuchen zu begreifen. Aber, so merkwürdig das auch klingen mag, gerade hier wird die Logik des Nicht-Krieges anschaulich. Die des Friedens, der dem Krieg sein Existenzrecht abspricht und eine Waffe gegen ihn entwickelt, gegen die der Krieg kein Mittel hat.
Die Bewohner von Schastja wollen daran glauben, dass der Krieg zu Ende ist. Ihr Gespür für den großen Wert jedes einzelnen Tages ist so stark, dass ich mich sogar in den Stunden, in denen das Echo der Geschütze besonders deutlich zu hören war, hier sicher gefühlt habe."
Am 9. Juni war ich in Schastja und ich kann den Text für seine Genauigkeit nur empfehlen; allerdings sieht die Lage nur wenige Kilometer entfernt, direkt an der Frontlinie, anders aus. Gerade an diesem Tag schoss man vom russisch besetzten Gebiet aus zwei Panzerfäuste auf einen Grenzübergang, wo ich am Vortage einen regen Handel erlebte, denn viele nutzen Preisunterschiede, um etwas Geld zu verdienen.
Und auch in Schastja, was auf Deutsch Glück heißt, gilt: Es gibt einen Frieden im Krieg, der aber in einer Sekunde vorüber sein kann.
Quelle: Yevgenia Belorusets welt.de
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