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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Ein Klassiker ist ein Werk, das seine Epoche überdauert, weil es immer wieder neu gelesen werden kann.
George Orwell blieb ein demokratischer Sozialist, der sich gegen Vereinnahmungen von Rechts wehrte.
Im Beitrag wird seine Rolle beleuchtet, im Kampf gegen den Stalinismus gestern und ebenso gegen den Überwachungsstaat bis heute.
Für den von Orwell angeregten Datenschützer Peter Schaar stellt sich bei den gegenwärtigen Überwachungsmöglichkeiten, die Orwell nicht erahnen konnte, eine Systemfrage in den liberalen Demokratien.
Dennoch lohnt noch die Lektüre von 1984. Das Buch wie das Gesamtwerk bergen Entdeckungen, wie die Abwehr von Flüchtlingen.
Die folgende Szene, inspiriert von der Flucht vor den Nazis, spricht zu uns, unmittelbar wie eine von Shakespeare:
4. April 1984. Gestern Abend im Kino. Lauter Kriegsfilme. Ein sehr guter, über ein Schiff von Flüchtlingen, das irgendwo im Mittelmeer bombardiert wird. ... Dann sah man ein Rettungsboot voll Kinder mit einem Hubschrauber darüber, eine Frau mittleren Alters, vielleicht eine Jüdin, saß mit einem etwa drei Jahre alten Knaben im Bug. Kleiner Junge brüllte vor Angst und verbarg seinen Kopf zwischen den Brüsten als wollte er ganz in sie hineinkriechen und die Frau legte die Arme um ihn und tröstete ihn. Obwohl sie selbst außer sich vor Angst war, bedeckte sie ihn so gut wie möglich als glaubte sie ihre Arme könnten die Kugeln von ihm abhalten, dann warf der Hubschrauber eine 20-Kilo-Bombe zwischen sie. Schreckliches Aufblitzen und das ganze Schiff zersplitterte wie Streichhölzer. Dann gab es eine wundervolle Aufnahme von einem Kinderarm der hoch, hoch und immer höher hinauffliegt in die Luft. Ein Hubschrauber mit einer Kamera vorn in der Kanzel muss ihm nachgeflogen sein und es gab viel Beifall aus den Parteilogen, aber eine Frau, unten wo die Proles sitzen, fing plötzlich an Radau zu machen und zu schreien man hätte so was nicht vor Kindern zeigen sollen, es sei nicht recht vor Kindern bis die Polizei sie hinauswarf.
Quelle: George Orwell, Lorenz Hoffmann, Tobias Barth Bild: imago / Leemage deutschlandfunkkultur.de
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