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Flucht und Einwanderung

Neues vom BAMF: Wenn unausgereifte Software auf überforderte Mitarbeiter trifft

Fabian Goldmann
mal Journalist, mal Islamwissenschaftler, je nachdem

...hab damals den Einschreibungstermin für Theoretische Physik verpasst. Das hab ich jetzt davon.

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Fabian GoldmannDienstag, 28.08.2018

Vor zwei Wochen sorgte die Geschichte eines schwulen Asylbewerbers für Aufsehen, dessen Antrag mit einem Mix aus Trashtalk, Klischees und Gutsherrlichkeit abgelehnt wurde. Der Fall zeigte, wie sehr Schicksale schutzsuchender Menschen von der Willkür überarbeiteter und oft unfähiger Bearbeiter abhängen. Ein Missstand, dessen Dimension u. a. vor Gerichten deutlich wird, die fast jeder zweiten angefochtenen Ablehnungsbescheid wieder kippen.

Da klingt es verlockend, Arbeitsabläufe mit etwas Software zu optimieren. Seit Herbst 2017 analysiert beim BAMF ein Computerprogramm nicht sexuelle, aber sprachliche Vorlieben. In nur zwei Minuten kann es sogar den Dialekt des Antragstellers detektieren und damit wertvolle Hinweise auf dessen Herkunft geben.

Soweit zumindest die Theorie. Von der Praxis schreibt Anna Biselli für Vice' Tech-Ableger Motherboard. Am Beispiel des Flüchtlings Hajars zeigt sie, was die Software kann: Ihr zufolge ist Hajars Muttersprache mit 63%iger Wahrscheinlichkeit Türkisch, mit 22%iger Hebräisch. In Wahrheit spricht er allerdings den kurdischen Dialekt Sorani und stammt weder aus der Türkei, noch aus Israel, sondern aus dem Irak. Sein Antrag wurde abgelehnt - mutmaßlich aufgrund der falschen Sprachanalyse.

Dass es Biselli bei der Mutmaßung belässt, könnte man kritisieren, würde sie den Fall nicht zum Aufhänger nehmen, um das Problem Sprachsoftware ganz generell in seine Einzelteile zu zerlegen: Da werden Palästinenser nach 26-sekündiger Analyse zu Ägyptern, Äthiopier zu Deutschen, nur die BAMF-Mitarbeiter dürfen EDV-Legastheniker bleiben. Biselli erklärt, warum die Software in vielen Fällen eigentlich nicht eingesetzt werden dürfte und lässt einen Linguisten erklären, warum sie es besser überhaupt nicht werden sollte. Und sie zeigt, wie ein System aus Inkompetenz und Zeitdruck dazu führt, dass sie es dennoch wird.

Das Ergebnis ist eine kompetente, tiefgehende und umfassende Analyse. Gemeint ist der Text von Anna Biselli, nicht die Gutachten des BAMF. 

Neues vom BAMF: Wenn unausgereifte Software auf überforderte Mitarbeiter trifft

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