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Rocco und seine Brüder - Ein Jahrhundertfilm eines Jahrhundertmanns
schreibt, kuratiert, gibt heraus
Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
ROCCO UND SEINE BRÜDER von Luchino Visconti ist nicht nur einer der besten Filme mit einem enormen Einfluss auf die Geschichte des Kinos, sondern ebenso für andere Kunstgattungen. Für den deutschen Dramatiker Heiner Müller zum Beispiel war er wegweisend.
Nun ist er bis zum 23. September 2023 in der arte Mediathek zu sehen.
Warum aber empfehle ich ihn im Kanal FLUCHT UND EINWANDERUNG?
Heute sind etliche Themen des Films, die damals im nationalen Rahmen eine Rolle spielten, zentral in der internationalen Sphäre.
ROCCO UND SEINE BRÜDER, mit dem Alain Delon 1960 der Durchbruch gelang, steht für eine Zeitenwende.
Damals gingen etliche Italiener in den Norden - Max Frisch berühmter Satz aus dem Jahr 1965
Wir riefen Arbeitskräfte, und es kamen Menschen
bezieht sich ja auf italienische "Gastarbeiter" in der Schweiz – , aber es gab zuvor eine kräftige Migration innerhalb des Landes.
Sie war – nachdem die Abwanderung in die Kolonien nicht mehr möglich war – entscheidend für Italien, aber auch für andere Länder. Es ist der Hintergrund von ROCCO UND SEINE BRÜDER. Eine solche Migration war immer verbunden mit Kulturbrüchen:
Die Familie Parondi sieht sich nach dem Tod des Vaters aufgrund der widrigen Lebensumstände in Süditalien gezwungen, in den reicheren Norden überzusiedeln. Dort versucht Mutter Rosaria zunächst, ihre Autorität aufrechtzuerhalten, kann jedoch nicht verhindern, dass ihre Söhne sich ihr mehr und mehr entziehen und ein neues Leben zu führen beginnen.
...
In „Rocco und seine Brüder“, Teil einer Trilogie über Süditalien, zeigt Visconti am Beispiel der unterschiedlichen Schicksale von fünf Brüdern, wie die Familie, Grundpfeiler der italienischen Tradition und Lebensweise, in der Großstadt ihre identitätsstiftende Funktion und ihren Zusammenhalt verliert.
Solche Zeitenwenden charakterisieren das Werk von Luchino Visconti (1906-75). Er entstammt dem Mailänder Hochadel mit jahrhundertelanger Herrschaft und Besitz. Die Viscontis verfügen über ein Palais in Mailand und eine eigene Loge in der Scala, sie leben aber auch in einer Villa am Comer See oder einem Schloss in Piacenza. Gleichzeitig war Luchino Visconti als Homosexueller, ein Außenseiter, der solche oft in seinen Filmen gestaltete:
Ich ziehe es vor, die Geschichte von Niederlagen zu erzählen, einsame Seelen und von der Wirklichkeit erschlagene Schicksale zu beschreiben. Vielleicht versteckt sich hinter jedem meiner Filme ein anderer: Der wahre, niemals gedrehte Film über die Viscontis gestern und heute.
Hier gibt es einen britischen Dokumentarfilm aus dem Jahre 2002 über die Jahrhundertgestalt Luigo Visconti mit Helmut Berger und Claudia Cardinale, Charlotte Rampling oder Francesco Rosi, der weniger das Werk in den Mittelpunkt stellt, sondern vor allem ein Porträt einer reich entwickelten Persönlichkeit entfaltet.
Quelle: Luigi Visconti u. a. www.arte.tv
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