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Flucht und Einwanderung

Vertreibung aus Karabakh: Von denen, die lieber sterben wollen

Lars Hauch
Researcher. Schwerpunkte: Mittlerer Osten, insbesondere Syrien.
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Lars HauchMittwoch, 02.12.2020

Ashot ist 49 Jahre alt, er hat sein ganzes Leben in Charektar verbracht, einem kleinen Dorf in der bisher von Armenien kontrollierten Provinz Kalbadschar. Nun sollen er und weitere 3.000 BewohnerInnen seiner Provinz ihre Heimat verlassen. Ashot denkt aber nicht daran, zu gehen. Er will bleiben und kämpfen, in seiner Heimat sterben.

Nach wochenlangen Gefechten hat Armenien unter russischer Vermittlung am 9. November ein Abkommen mit Aserbaidschan unterschrieben. Dabei muss Armenien beachtliche Gebietsverluste hinnehmen. Auf dieser Karte könnt ihr euch die Situation genauer anschauen. Alles, was violett ist, bleibt unter armenischer Kontrolle. Alles, was grün markiert ist, übernimmt Aserbaidschan. Gesichert werden soll der Waffenstillstand von russischen Truppen. Wer eigentlich rechtmäßigen Anspruch auf die jeweiligen Gebiete hat, ist strittig. Gräueltaten beider Seiten haben eine erschreckend lange Geschichte. Wenn ihr sie besser verstehen wollt, könnt ihr euch diesen Podcast mit Dr. Artyom Tonoyan anhören, der intensiv zum Kaukasus forscht.

Aber zurück zur Geschichte von Ashot. Ashots nur dünn besiedelte Gegend fällt nun unter Aserbaidschans Kontrolle. Neil Hauer, der seit Beginn der Kämpfe vor Ort ist, hat ihn in Charektar besucht. Seine Frau und Tochter hat Ashot in die armenische Hauptstadt geschickt. Sie wissen nicht, was er vorhat. Ashot trägt Tarnkleidung, eine Kalaschnikow und eine Pistole. Einige wenige Männer haben ebenfalls beschlossen, zu bleiben. Viele sind Veteranen des Krieges Anfang der 1990er-Jahre. "Nun beginnt der Guerilla-Krieg", meint Vladimir, einer von ihnen. 

Wie wahrscheinlich ist es, dass es zu einem Guerilla-Krieg kommt? Das habe ich Neil Hauer, den Autor des Artikels, gefragt. 

Antwort: Er hat von einigen kleineren Scharmützeln gehört, aber in der Region hätten ohnehin nur wenige Menschen gelebt. Gerede von einem Guerilla-Krieg hänge eher mit dem Draufgängertum zusammen, das einige der Bewohner nun an den Tag legten. 

Und in der Tat: Ashots Widerstand wird nichts ändern. Das ist Ashot auch bewusst:

“All I know is that whoever walks in this door, I have 16 bullets here,” he points at his pistol, “and sixty in my Kalashnikov. I am prepared until the last drop of blood.”

Vertrieben werden – für manche Menschen ist das vor dem Hintergrund der Geschichte zu viel. 

Wenn ihr euch für Details des Waffenstillstandsabkommens und eine versierte Einordnung interessiert, hört doch in diesen Podcast mit Neil Hauer herein. Der treffende Titel lautet: "A Confusing End to the Karabakh War".

Vertreibung aus Karabakh: Von denen, die lieber sterben wollen

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