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An Literatur interessiert mich besonders, wie Mentalitäten und soziale Mechanismen sichtbar werden. Für das BÜCHERmagazin schreibe ich vor allem über Comics, Phantastik und digitale Literatur. Ich mag Konflikte, Tentakel und sprachliche Schönheit.
In wenigen Stunden ergeht im Landgericht Verden das Urteil über einen Mann und seine Tochter. Seine Ehefrau, ihre Mutter, starb in der gemeinsamen Wohnung an Entkräftung. Sie hatte sich Wochen zuvor bei einem Sturz die Hüfte gebrochen. Sie lag auf dem Sofa in ihrem eigenen Kot und Urin, der ausgemergelte Körper noch lebendig von Maden zerfressen. Ihr Ehemann und ihre Tochter stehen im Verdacht, sie gemeinsam absichtlich verhungern gelassen zu haben.
Dieser Text ist schwer zu ertragen. Nicht wegen der Grausamkeit dessen, was geschehen ist, sondern vor allem wegen seiner Nähe. Weil auf dem Tisch neben dem Sofa mit der Leiche zwei Puzzles lagen, frei von Staub, gerade erst gelegt. Weil der Angeklagte sich daran erinnert, wie er seine Frau kennenlernte, auf dem Rummelplatz, gerade 17 Jahre alt. Solche Details verhindern, dass wir diesen Tod in eine andere Schicht, eine andere Kultur schieben. Die Fassaden, denen wir vertrauen, weil sie unseren zum Verwechseln ähnlich sehen, verlieren ihre Schutzfunktion. Der Autor macht es weder sich selbst noch seinen Lesern einfach. Er sucht nicht nach Schuldigen, sondern nach Erklärungen.
Mittlerweile hat Alexander Krützfeldt die Reportage um Urteil und Strafmaß ergänzt. Der Autor ist übrigens auch als Piqer auf diesem Kanal unterwegs.
Quelle: Alexander Krützfeldt krautreporter.de
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Wow, was für ein Text. Danke für den PIQ!