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Von moralischen und anderen Abgründen: The Gatekeeper

Judith Friede
Redakteurin von FEATVRE

Online-Redakteurin bei FEATVRE.

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Judith FriedeFreitag, 23.03.2018

Jedes Jahr begehen schätzungsweise 25.000 japanische Bürger Selbstmord. Viele von ihnen nutzen die Felsklippen von Tonjinbo als Sprungbrett in den Tod. Dieser kleine aber feine Film ist ein Porträt über einen außergewöhnlichen Mann und die menschlichen Abgründe, die er ständig vor Augen geführt bekommt. Der pensionierte Polizist Yukio Shige patrouilliert täglich entlang der Klippen, um Menschen davon abzuhalten, herunterzuspringen.

Makabres Detail: Die Klippen wurden durch die vielen Todessprünge bereits zu einer Touristenattraktion und ziehen Busladungen von Schaulustigen an. Der preisgekrönte Filmemacher Yung Chang schafft es, die bedrückende und nervenaufreibende Atmosphäre der täglichen Wanderungen des „Gatekeepers“ in intensiven Bildern widerzuspiegeln. Man erwartet, dass jeden Moment ein Körper von oben herabstürzen könnte. Einmal macht der Gatekeeper eine verdächtig wirkende Person nahe dem Bergrücken ausfindig und verfolgt sie bis spät in die Nacht – es gleicht einer Menschenjagd.

Der Film wirkt wie eine Wanderung am menschlichen Abgrund, mit jeder Szene scheint man das moralische Gewicht zu spüren, das sich der alte Mann selbst auf die Schultern geladen hat.  

Von moralischen und anderen Abgründen: The Gatekeeper

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Kommentare 1
  1. Christian Huberts
    Christian Huberts · vor mehr als 6 Jahre

    Dokumentationen über Orte, an denen Japaner*innen Selbstmord begehen, und über die Menschen, die das zu verhindern suchen, stellen wohl bald ihr eigenes Genre dar. VICE hat da vor einigen Jahren schon ein sehr erfolgreiches Beispiel über den so genannten »Suicide Forest« Aokigahara vorgelegt (https://www.youtube.co...). Und ich bin mir sehr unsicher, ob diese Filme, bei aller Mühe die sie sich damit machen, das Thema Suizid sensibel anzugehen, nicht doch stark zur Romantisierung und Mythisierung solcher Orte beitragen. Die Inszenierung von möglichen Suiziden als Grusel (»Vielleicht liegt/springt da gleich einer!«), ganz egal wie subtil, scheint mir ebenfalls nicht der beste Weg. Auf die Spitze getrieben erst kürzlich durch den YouTuber Logan Paul, der für seine Viewer ein tatsächliches Suizidopfer im Aokigahara dokumentiert hat: https://www.washington.... So toll »The Gatekeeper« auch gemacht ist, ein bisschen mehr Distanz und nüchterne Aufklärung sowie weniger atmosphärische Bilder und Thrill, hätten der Doku imho gut getan.

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