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Klima und Wandel

Wehe, wenn es kippt!

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
Zum Kurator'innen-Profil
Nick ReimerSonntag, 19.02.2017

Mitte Januar ging es hier um das Arktis-Eis als ein Kipp-Punkt im Klimasystem, auch „tipping points" genannt. Die Wissenschaft hat 16 solcher potenziellen Kipp-Punkte lokalisiert: Einmal in Gang gesetzt, können die angeschobenden Prozesse nicht mehr aufgehalten werden. Wie von selbst - und vom Menschen dann nicht mehr beeinflussbar - heizen sie die Erderwärmung weiter an.

Jens Strauss vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung hat sich jetzt einem Kipp-Element gewidmet, das in naher Verbindung zum Temperaturanstieg am Nordpol steht: dem Permafrost. Dieser dauergefrorene Boden ist sehr verbreitet – 24 Prozent der Landflächen auf der Nordhalbkugel sind dauergefroren. Teilweise bestehen dort mehr als 70 Prozent des Bodens aus Eis. Der Permafrost kann in Sibirien eine Tiefe von bis zu 1400 m erreichen.

Das Problem beschreibt Strauss so: „In dieser natürlichen Gefriertruhe sind etwa 800 Milliarden Tonnen Kohlenstoff, so viel wie derzeit in der Atmosphäre, eingefroren. In den kalten, aber saisonal auftauenden Böden darüber noch einmal fast genauso viel. Taut der Permafrost, wird ein Teil dieses Kohlenstoffs von Mikroorganismen abgebaut und als Treibhausgas freigesetzt. Dies führt zu weiterer Erwärmung". Einer, gegen die der Mensch machtlos ist. 

Strauss nimmt ein weiteres Problem in den Fokus: Wegen der steigenden Temperaturen kommt es zu massiven Erosion der Küstenbereiche der Permafrostregion, die rund 34 Prozent der Küstenlinie der Erde ausmachen. Mit weitreichenden Folgen für die maritimen Ökosysteme: Durch den Eintrag von  Bodenmaterial und die im Boden gespeicherten Nährstoffe in die Ozeane kommt es zur Veränderung der aquatischen Ökosysteme, die Instabilität der Permafrost-Küsten hat so auch sehr direkte Auswirkungen auf Menschen, zum Beispiel auf seine Fisch- und Jagdgründe.

Die Wissenschaft sagt: Wenn wir die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass solche Kipp-Elemente nicht in Gang gesetzt werden. Also dann ...

Wehe, wenn es kippt!

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