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Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).
Diese Woche war es endlich soweit. Das todmüde, gleichzeitig superlustige letzte Saisondrittel der Geisterspiel-Bundesliga war seinem verdienten Ende entgegengetrudelt. Todmüde, weil Bayern-Double, mein Verein kein Spiel mehr gewann und Atmosphäre "wie beim Hallenturmspringen" (B. Wells). Und genau deswegen auch superlustig, weil ich endlich mal Perlen der Team-Kommunikation über Außenmikro mitbekam: "Was willst du denn?" (Uth zu Kainz, der den Freistoß lieber selber schießen will), "Ich kann deine scheiß-beleidigte Fresse nicht mehr sehen!" (Auswechsel-Kommentar bei Mainz). Die Relegation wurde dann stilecht mit dem schönsten Eigentor der letzten 20 Jahre entschieden (Theuerkauf, mein Gott).
Was bleibt? Wieder mal Bücher.
Da ich just zum Corona-Ausbruch das Trainer-Amt der sogenannten "Autonama" übernommen hatte (siehe unten), interessierte ich mich für drei Neuerscheinungen im C.Bertelsmann-Jugendbuch-Verlag. Die beiden Fußball-Romane "1:0 für Jonas" und "Trainer gesucht!" aus der Reihe "TORnados" von THiLO (Autor) und Timo (Grubing, Illustrator). Und vor allem den Ratgeber "Deine Fußballschule – So wirst du zum Profi. – Das Beste aus Technik, Athletik und mentaler Stärke" von Thomas Eglinski, Sebastian Raß, Marius Dordowsky und Andreas Wittke. Ich erhoffte mir eventuell ein paar Inspirationen für die eigene Arbeit. Das Lesealter von ab 8 Jahren passte perfekt zur Aufmerksamkeitsspanne der Fußballautoren, wenn man ihnen neue Übungen erklärte.
Die "TORnados" aus "Trainer gesucht!" – eine sehr PC zusammengewürfelte Berliner D-Jugend um "Luong, Mustafa, Demba, Atze" und natürlich Jonas aus "1:0 für Jonas", sind dagegen hellwach, als ihr Trainer Bernie Neuendorf nach England (!) geht und sie sich kurz vorm Derby gegen die schnöseligen Charlottenburger einen neuen Coach suchen müssen. Beim Casting fallen ein gegelter Aufschneider im Sportwagen und ein nuschelnder Opa im Turnanzug durch, bevor sie endlich beim linksalternativen Funino Sam (Pferdeschwanz, Flanellhemd, 3/4-Hose) glücklich werden, der sich beim Training zwischen die Hütchen stellt und die Jungs vor allem ordentlich lobt. Am Ende wird C-burg natürlich geschlagen und sogar die komplett sinnlose Nebenhandlung um ein Trikot von Leroy Sané endet so feel-goody-good-naiv wie die eingestreuten Comics. Keine Ahnung, ob das die mit Yo Bro und Ey Digga angekumpelten smarten Phone-Kids heute wirklich noch kickt. (Zwischendurch musste ich an diese David-Sedaris-Story denken, in der eine Kindertheater-Aufführung in ernstester Feuilleton-Manier verrissen wird.)
Schwierig bis zwiespältig ist auch in "Deine Fußballschule" allein schon der Mentalbereich des Titelversprechens: "So wirst du Profi". Vor allem Eltern könnten das lesen und am Ende wirklich glauben. Denn keiner von den talentierten Dribblern, die hier auf gut fotografierten Übungen vorspielen, wird natürlich den Sprung in die Bundesliga schaffen. Da hilft auch die 10.000-Stunden-Regel von Malcolm Gladwell nichts und sollte Enttäuschungen lieber vorgebeugt werden. Immerhin werden hier die Tricks von Ronaldo, Messi & Co. erklärt und Mut zum Dribbling in der deutschen Taktik-Streber-Ausbildung gemacht. Okay, vielleicht reicht es so für: "So wirst du Ersatzbank Eintracht Braunschweig".
Aus Gründen der Transparenz nur kurz hinweisen möchte ich dafür aber noch unbedingt auf die neue "Borussia Dortmund"-Fanfibel (Culturcon) von Eva Kienholz und Nikita Afanasjew. "Nur kurz": Denn ich hab bereits selbst eine FC-Fanfibel auf dem Gewissen und bin darüber hinaus via Autonama mit Nik so gut befreundet, wie das zwischen Torwart und Stürmer eben geht (die fucking Chancen-Auswertung, aus 80 Metern beobachtet). Dem schwierigen "Projekt BVB" (Favre) haben Eva und Nik jetzt tatsächlich ein richtiges Buch abgerungen: Mit schön gelb kolorierten Privatfotos, Autofiktion und vor allem Anfang (wie wurde ich Fan?), Mittelteil (was ist das überhaupt, ein Fan?) und Schluss (Schalke und Wahn). Zwischendurch wird schön bayernmäßig ausgeteilt:
Als Dortmunder macht man es sich ja selten klar, aber Tatsache ist doch: die meisten Vereine sind immer schlecht. Natürlich feiern auch Nürnberg, Freiburg oder sogar der 1. FC Köln für ihre Verhältnisse Fußballfeste, indem sie irgendeinen Lokalrivalen und alle zehn Jahre mal die Bayern schlagen.
Den größten Respekt aber dafür, dass Eva und Nik wirklich ein Paar (geblieben) sind. Seitdem beschäftigt mich die Frage, wie es wäre, wenn die eigene Frau auch FC-Fan wäre – irgendwas zwischen Utopie und Dystopie.
Quelle: Andreas Merkel Bild: privat www.freitag.de
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