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Medien und Gesellschaft

It's NOT the big data, stupid! — Hat die Psychometrie Trump wirklich genutzt?

Mads Pankow
Journalist und Kulturproduzent
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Mads PankowDienstag, 06.12.2016

Ein Artikel, der alles hat: Den tragischen Helden, die heimliche Verschwörung, die Erklärung des Unerklärbaren und das Spiel mit der Angst. Gemeint ist der Artikel Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt von Mikael Krogerus und Hannes Grassegger im schweizer DAS MAGAZIN. Er beschreibt die Entwicklung der Psychometrie, also der Durchleuchtung und Manipulation des Menschen mittels Big Data, durch den Verhaltensforscher Michal Kosinski.

Laut DAS MAGAZIN soll Kosinski damit die Vorlage für Trumps Wahlsieg geliefert haben. Denn dass Unternehmen Cambridge Analytica hatte seine Methoden gekapert und feiert sich nun öffentlich selbst als Königsmacher der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Detailgenau soll Trump das gesamte amerikanische Volk durch die Firma analysieren lassen haben, um seine diffusen Botschaften auf die Ergebnisse abzustimmen.

Der Artikel geht seit Freitag im Netz viral. Auch piqd berichtete. Doch Dennis Horn vom WDR hat seine Zweifel — vor allem journalistische.

Nur zwei Quellen sollen die Wirksamkeit der Psychometrie für den Wahlkampf belegen: Ausgerechnet der Erfinder der Methode, Michal Kosinski und ihr Vermarkter, Cambridge Analytica. Dass beide von ihren Behauptungen überzeugt sind, wundert nicht.

Cambridge Analytica will keine Belege für die Wirksamkeit ihrer Kampagne liefern. Stattdessen ziehen Krogerus und Grassegger als Beweis die überraschend erfolgreiche Kampagne des Republikaners Ted Cruz im Vorwahlkampf heran. Der hatte sich jedoch recht zügig wieder von Cambridge Analytics verabschiedet.

Auch den Brexit soll das dubiose Unternehmen herbeigeführt haben. Tatsächlich aber kam es nie zu einer Zusammenarbeit zwischen „Leave”-Kampagne und Cambridge Analytics, wie WIRED bereits im August berichtete.

Doch schon an früherer Stelle, bei der vermeintlich überragenden Prognoseleistung der Psychometrie ist Skepsis angebracht, meint Dennis Horn in Bezug auf eine Diskussion im Blog des Magazins Science. Seine Botschaft: Don't follow the hype.

It's NOT the big data, stupid! — Hat die Psychometrie Trump wirklich genutzt?

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Kommentare 12
  1. Leopold Ploner
    Leopold Ploner · vor fast 8 Jahre

    Mal eine Frage in die Runde: Sind die Methoden von CA per se verwerflich, oder nur weil sie für die Trump-Kampagne eingesetzt wurden? Was, wenn man diese Methoden anwendet, um z. B. Menschen von ihrer Angst vor Migranten abzubringen?

    1. Mads Pankow
      Mads Pankow · vor fast 8 Jahre

      Cambridge Analytica geht es ja eher darum, die intimsten Bedürfnisse und Motive vieler verschiedener Bevölkerungsgruppen herauszudestillieren, um diese dann im Wahlkampf zu bedienen. Das ist Wahlkampf ohne Inhalte nur mit feingetunten Phrasen. Insofern sind die Methoden von CA vor allem antipolitisch. Menschen (durch Aufklärung) von ihrer Angst abzubringen wäre mit den Mitteln der Psychometrie wahrscheinlich gar nicht möglich.

  2. Leopold Ploner
    Leopold Ploner · vor fast 8 Jahre

    Auch Autor Hannes Grassegger hat den Artikel inzwischen etwas relativiert: http://www.br.de/radio...

  3. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor fast 8 Jahre

    Jetzt hat sich auch einer der Autoren geäußert http://www.br.de/radio...

  4. Fabian Goldmann
    Fabian Goldmann · vor fast 8 Jahre

    Schönes Beispiel dafür, dass es nicht immer nur die anderen sind, die vorschnell das glauben, was ins eigene Weltbild passt.

  5. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor fast 8 Jahre

    Naja, dann sollte man aber auch auf die lebendige Diskussion unter dem Beitrag von Dennis Horn verweisen. Das Thema ist zu wichtig, um es jetzt kleinzureden - zumal die AfD vor Wochen angekündigt hat, social bots im Wahlkampf einsetzen zu wollen (was nach der üblichen Taktik dieser Partei wenig später wieder zurückgenommen wurde). Dass Horn den Magazin-Artikel mit Fakenews gleichsetzt, kann ich nicht nachvollziehen. Viele, die den Text geteilt haben, wollen doch genau eine Reflektion über Wahlkampfstrategien im Netz.

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 8 Jahre

      sic!

    2. Mads Pankow
      Mads Pankow · vor fast 8 Jahre

      @Marcus von Jordan no offense Marcus. Der Artikel ist wichtig. Ich hätte ihn auch gepiqd. Die Abklärung scheint mir aber genauso wichtig.

    3. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 8 Jahre

      @Mads Pankow sowieso...es ist ja spannend zu sehen, wie wir selber zumindest eben diesem Hang zum social-media-optimierten, polarisierten nachgeben. Das gilt für das voreilige abfeiern dieses Beitrages und dann auch wieder für die pauschale Verdammung des selben. Ich musste schon auch ein wenig schmunzeln, wie dutzendweise Leute den Test mit sich selber machten, um dann höhnisch festzustellen, dass die Ergebnisse nicht passten. Jedenfalls eine wünschenswerte und gute Debatte.

    4. Mads Pankow
      Mads Pankow · vor fast 8 Jahre
    5. Mads Pankow
      Mads Pankow · vor fast 8 Jahre

      Die Diskussion ist tatsächlich relevant, das ist ein wichtiger Hinweis. Vor allem Horns Fehlinterpretation der statistischen Erhebungen. Die Zahlen hat er aber selbst korrigiert und ich habe sie deshalb gar nicht erwähnt. Das Thema ist wichtig, keine Frage, es aber zur Universalerklärung für Trumps Sieg zu erheben scheint ob der Quellenlage mehr als vorschnell. Der Artikel setzt tatsächlich mehr auf „story“ und boulevardesker Angstmache als auf Fakten. Da kann ich Horns Gereiztheit durchaus verstehen.

    6. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor fast 8 Jahre

      @Mads Pankow Ja, es wird eine Story mit den klassischen Methoden und der typisch engen Fokussierung auf wenige Protagonisten erzählt. Aber wer diesen Text liest, hört doch nicht zum ersten Mal von Wahlen in den USA. Klar ist doch auch, dass die Methoden ohnehin nur in den Swing States einen entscheidenden Einfluss gehabt haben können. Schon im Vorspann schreiben Krogerus und Grassegger übrigens, die Methode habe Trump "mit zum Sieg" verholfen. Auch im Text heißt es: "Wie gezielt die amerikanische Bevölkerung bereits in diesem Moment von Trumps digitalen Truppen massiert wird, ist nicht erkennbar – weil sie selten breit im Mainstream-TV attackieren, sondern meist personalisiert auf Social Media oder im Digitalfernsehen." Nach einer Universalerklärung klingt das nicht. Und natürlich: Eine belastbare Quellenlage ist wünschenswert. Aber da werden wir noch auf einen neuen Edward Snowden warten müssen.

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