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Medien und Gesellschaft

Mehr Medienkompetenz! Was wir in digitalen Öffentlichkeiten eigentlich alles können müssten

Alexander Sängerlaub
Publizist, Journalist, Utopist

Programmleiter Zukunft des Journalismus am Bonn Institute & Direktor futur eins

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Alexander SängerlaubMittwoch, 01.07.2020

Wer jemals im Leben schon mal eine Zeitung gelesen hat (hoffentlich jede:r), dem wurde eine ganze Menge Arbeit abgenommen. Denn im Bestfall hat sich die Redaktion eine Vielzahl von Gedanken gemacht, wenn es darum geht Nachrichten aufzubereiten und herzustellen: Welche Themen wichtig sind, wie man diese gut aufbereitet, wie man die Quellen verifiziert, was überhaupt gute Quellen sind, wie ausgewogen berichtet wird, wie Meinungen und Fakten getrennt werden, wie die Welt da draußen aussieht und wie man tagesaktuelle Ereignisse in größere Zusammenhänge setzt.

Wer sich digital informiert – nicht nur über Social Media – hat recht viel von der Arbeit nun heute "selbst an der Backe". Unsere digitalen Nachrichtenumgebungen bestehen aus Informationsschnipseln, Fragmenten von Information, die wir selbst zusammensetzen müssen. Der Tweet des Politikers aus dem Wahlkreis (Ist das jetzt Information, Meinung oder politische Werbung?), das YouTube-Video, das einem die eigene Mutter via WhatsApp sendet (Ist das überhaupt eine vertrauenswürdige Quelle?) oder die Clickbait-Überschrift einer Lokalzeitung (Steht das wirklich im Artikel, was die Überschrift behauptet – und wie prüfe ich das, wenn ich nicht mal hinter die Paywall komme?).

Die digitalen Öffentlichkeiten sind – verkürzt dargestellt – ziemlich voraussetzungsreich. Auch das ist sicherlich ein Grund, warum immer mehr Menschen "Fake News" als Riesenproblem sehen oder sich sogar von Nachrichten und der Flut von Informationen abwenden ("news avoidance"). Wer im Informationsdschungel nicht verloren gehen möchte, braucht eine Menge an neuem Hintergrundwissen und neuen Fähigkeiten, um beispielsweise nicht auf Desinformationen reinzufallen. Doch was genau müssen wir eigentlich alles wissen?

Mit meiner Kollegin Anna-Katharina Meßmer habe ich versucht das einmal nachzuzeichnen, vor welche Herausforderungen uns die schönen und nun eigentlich nicht mehr ganz so neuen Medienwelten stellen: Entgrenzung, Informationsgleichwertigkeit, Plattformlogiken, eklektizistische Nachrichtennutzung – die Liste der Herausforderungen ist lang und nicht alles davon kann man mit "mehr Nachrichtenkompetenz" auf uns Bürgerinnen und Bürger abladen.

Dabei reicht es auch nicht, wenn wir alle Journalisten werden, wie es beispielsweise Bernhard Pörksen fordert. Im hinteren Teil des Papiers stellen wir die Skill-Sets vor, die in ihrer Summe den "informierten Bürger" ausmachen. Dabei braucht es das Wissen und die Fähigkeiten von sechs Expert:innen, die heute Teil unseres Allgemeinwissens sein müssten, damit wir uns souverän in den digitalen Öffentlichkeiten von A nach B bewegen können. Ein bisschen Fact-Checker, ein bisschen Kommunikationswissenschaftlerin, ein bisschen Citoyen, ein bisschen Debatteur, ein bisschen digitale Navigatorin und eben ein bisschen Journalistin – das müssten wir alles heute sein! Doch die derzeitige Studienlage zeigt, dass wir davon bisher noch mehr als weit entfernt sind.

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