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Medien und Gesellschaft

"Wir haben (…) größere (…) Probleme als die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen."

Bastian Hosan
Journalist
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Bastian HosanDienstag, 06.02.2018

Es ist Thema in den Koalitionsverhandlungen, einige Politiker versprechen, sich dagegen einzusetzen, viele Menschen sind betroffen: Viele Arbeitsverträge sind befristet. Oft ohne eine Angabe von Gründen. In der Talk-Sendung von Anne Will diskutierten der neue Vorsitzende der Grünen, Robert Habeck, und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) darüber, ob befristete Arbeitsverträge ein ernstzunehmendes Problem seien.

„Wir haben weitaus größere und strukturelle Probleme”, sagte Habeck, die Politik müsse aufhören, sich im Klein-Klein zu verlieren. Wie er das den Hunderttausenden Betroffenen erklären wolle, konterte Maas.

stimmtdas.org hat sich angeschaut, wie viele Menschen in Deutschland betroffen sind, wie viele also darauf hoffen müssen, dass ihre Arbeitsverträge entweder wieder verlängert werden, in unbefristete umgewandelt werden – oder sie eben wieder und wieder um ihren Job bangen müssen.

Die aktuellsten Zahlen dazu stammen aus dem Jahr 2016:

  • 7,8 Prozent der Deutschen hatten laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung einen befristeten Vertrag – das sind rund 3 Millionen Menschen
  • 2013 hatten 3,8 Prozent der Menschen einen befristeten Vertrag, der ohne die Angabe von Sachgründen zeitlich begrenzt war.

stimmtdas.org kommt also zu dem Schluss, dass viele Arbeitnehmer in Deutschland unter befristeten Arbeitsverträgen leiden, es sich also nicht um ein Nischenthema handelt. Ob es sich hierbei allerdings trotzdem um politisches Klein-Klein handelt, bleibt eine politische Bewertung, die stimmtdas.org nicht vornehmen will.

"Wir haben (…) größere (…) Probleme als die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen."

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Kommentare 11
  1. Moritz Orendt
    Moritz Orendt · vor mehr als 6 Jahre

    "stimmtdas.org hat sich angeschaut, wie viele Menschen in Deutschland betroffen sind, wie viele also darauf hoffen müssen, dass ihre Arbeitsverträge entweder wieder verlängert werden, in unbefristete umgewandelt werden – oder sie eben wieder und wieder um ihren Job bangen müssen."

    Wirklich? [...] wieder und wieder um ihren Job bangen müssen? Steckt dahinter die Annahme, dass jeder Arbeitnehmer sich glücklich schätzen muss, bei seinem derzeitigen Arbeitgeber beschäftigt zu sein?

    Vielleicht ist man als Arbeitnehmer mit einem befristeten Vertrag auch ganz zufrieden, weil man als Hochqualifizierter ein gefragtes und in Zukunft noch gefragteres Skill-Set hat, dass bei einem neuen Vertrag besser entlohnt wird?

    Diese unilaterale Sichtweise der Vergangenheit, mit dem Arbeitgeber als Mächtigen und dem Arbeitnehmer als schützenswertes, machtloses Objekt ist genau das von Habeck angesprochene Klein-Klein, das verhindert, sich mit den größeren Herausforderungen zu beschäftigen, zum Beispiel "jobless future".

    Die unbefristete Festanstellung nützt mir nichts, wenn meine Tätigkeit und damit meine Firma verschwindet. Dann bin ich unbefristet arbeitslos. ;-)

    1. Frederik Fischer
      Frederik Fischer · vor mehr als 6 Jahre

      Hm, für Münchner Akademiker sind befristete Arbeitsverträge vermutlich mehrheitlich tatsächlich eher ein Nischenproblem. Aber Deutschland ist nicht München und nicht alle Menschen sind so gut ausgebildet (oder sind ausreichend kinderlos), um in befristeten Arbeitsverträgen eher Chance als Risiko zu sehen.
      Bin ja grundsätzlich Habeck-Fan, aber hier hat er leider genau die Vorurteile über die Grünen geschürt, die der Partei in vielen Wählerschichten (teilweise zurecht) im Weg stehen: Elitär, keinen Bezug zum "kleinen Mann", etc.
      Nach allem was sich derzeit abzeichnet, wird es noch einige Legislaturperioden brauchen bis zur "jobless future". In der Zwischenzeit wird die Automatisierung vor allem zu mehr unsicheren Arbeitsverhältnissen führen. Und damit zurück zum Start.

    2. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 6 Jahre

      @Frederik Fischer Tatsächlich sind die einzigen Menschen mit befristeten Arbeitsverträgen, die ich kenne, Akademiker und arbeiten an der Uni ;-)

      Unabhängig davon wie jetzt Habecks Punkt bei Leuten ankommt, die eh nicht grün wählen, bin ich überzeugt, dass er recht hat. Sachgrundlose Befristung Ja/Nein ist nicht der Hebel, mit der Politik sich als Gestaltungskraft in einer digitalisierten Welt etablieren kann. Geht die Abschaffung der sachgrundlosen Beschäftigung irgend eine der großen Herausforderungen auch mal groß gedacht an? Klimawandel, ungleiche Verteilung der Vermögen, weniger Jobs, Integration, etc.

      Ich denke nicht. Und doch gilt es als der große Wurf der Sondierung. Das ist doch das Drama, das Habeck anspricht. Die Politik wurstelt weiter im Klein-klein und feiert sich für Pseudo-Erfolge (egal, ob das die sachgrundlose Befristung sinnvoll ist oder nicht)

    3. Frederik Fischer
      Frederik Fischer · vor mehr als 6 Jahre

      @Moritz Orendt Dass die aktuelle Politikerriege sich vor den eigentlichen Herausforderungen wegduckt, sehe ich natürlich kein Stück anders. Ich habe mich jetzt mehr auf deinen Kommentar bezogen, der doch sehr danach klang, als wären befristete Arbeitsverträge mehr Chance als Risiko, bzw. als wäre das ein Thema von gestern. Das stimmt so halt nicht. Und wer, wie Habeck, allzu sehr abstrakt von der Zukunft spricht, ohne die Menschen mit den Problemen und Sorgen von heute ernst zu nehmen, wirkt ähnlich entrückt wie die schnarchigen Koalitionäre. Die Wahrheit liegt wohl wie so häufig in der Mitte: Die Probleme von heute ernst nehmen, sich aber nicht vom Klein-Klein davon abhalten lassen, die Zukunft zu gestalten.

    4. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 6 Jahre

      @Moritz Orendt Es gibt Leute, die kein Problem mit befristeten Verträgen haben, aber dass man die an der Uni findet, wäre mir neu.

    5. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 6 Jahre

      @Frederik Fischer Dieses Gefühl von Politik kriegst du damit nicht hin:

      "Die unübersichtliche und schwierige politische Lage nach der Bundestagswahl entspricht dem Lebensgefühl vieler Menschen. Irgendwie versucht man, seinen Alltag auf die Reihe zu kriegen.

      Aber man hat nicht unbedingt das Gefühl, dass Politik auf Augenhöhe der Gegenwart agiert, geschweige denn mit einem Bild von der Zukunft.
      Sie wirkt eher wie eine Getriebene.

      Die einen resignieren, die anderen protestieren."

      http://www.robert-habe...

    6. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 6 Jahre

      @Frederik Fischer Leider finde ich den Text nicht mehr. Irgendwer hat davon geschrieben, dass die Politikverdrossenheit (die zu Trump, BREXIT und AfD geführt hat), daran liegt, dass die ganze Macht irgendwie weg ist. Und keiner kann sich erklären wohin. Darum halt die Alternative wählen, weil so wie es ist, ist es scheiße.

      Und daran haben die Regierungen mit Schuld, weil sie nicht mehr gestalten wollen/können, sondern sich mit irgendwelchen inkrementellen Verbesserungen von Legislaturperiode zu Legislaturperiode hangeln.

      Und dafür steht Merkel/GroKo und die Diskussion um die sachgrundlose Befristung. Keine Träume und Visionen nirgendwo. Selbst mit der Lupe nicht zu finden. Und wenn man das anmahnt, gilt man als abgehobene Elite und parteitaktisch unklug. Das ist aus meiner Sicht das Problem und das finde ich sehr frustrierend.

    7. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 6 Jahre

      @Frederik Fischer Oh, da habe ich mich wohl kurz in Rage geschrieben ;-)

    8. Moritz Orendt
      Moritz Orendt · vor mehr als 6 Jahre

      @Frederik Fischer Sorry, eins noch:

      „Wir haben weitaus größere und strukturelle Probleme”, sagte Habeck

      Das hat er wirklich gesagt und das ist doch ein solcher No-Brainer, dass man es schon fast als logische Tautologie bezeichnen muss. Immer wahr, deswegen 0 Informationsgehalt.

    9. Frederik Fischer
      Frederik Fischer · vor mehr als 6 Jahre

      @Moritz Orendt Absolut. Das ist ein Totschlagargument, das immer stimmt. Probleme sind eine Frage der Perspektive. Da gibt es keine absolute Wahrheit. Ist daher als Grundlage für ein Fact-Checking vielleicht wirklich nicht ganz so gut geeignet.

  2. Georg Wallwitz
    Georg Wallwitz · vor mehr als 6 Jahre

    Es ist elend schwer, einen Mitarbeiter wieder loszuwerden, wenn man einen Sachgrund angibt. "Faul", oder "inkompetent", oder "nicht teamfähig" sind leider keine Gründe, die man angeben kann, wenn man vor den Arbeitsgerichten irgendeine Chance haben möchte. Also gibt man lieber nix an. Ist das nachvollziehbar?
    Wenn man dann gezwungen wird, einen Grund anzugeben, die Wahrheit aber nicht sagen darf - wird es dann besser? Oder nur verlogen?

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