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Redakteur für das Games-Bookazine WASD und Computerspiel-Experte vor verschiedensten Bücherregalen im TV und Radio. Daneben doziert er regelmäßig auf Tagungen und Festivals sowie an Hochschulen mit Fokus auf digitale Spiele. Seine Texte über die Teilhabe an virtuellen Welten, die Ideologie von Spielmechaniken und die Kultur von Computerspielen erscheinen unter anderem in wissenschaftlichen Fachpublikationen, in diversen Kulturmagazinen sowie bei ZEIT ONLINE. Damit er nicht nur vor dem Monitor hockt, trägt das bekennende Sozialhilfekind die Kritik an unfairen Regelsystemen ebenso zurück in die gesellschaftliche Realität. Ihn interessieren Diskurse der ökonomischen Nützlichkeit marginalisierter Gruppen und die Bedingungen des »Mitspielens« am soziokulturellen Leben.
Was er sonst noch so treibt, lässt sich auf seinem Blog nachlesen: www.schauanblog.de
Gerade wird angeregt über ein wiederkehrendes Thema diskutiert: Welche Rolle spielt die Kultur von Computerspielen im Print-Feuilleton? Auch auf piqd ist das in verschiedenen Formen ein Dauerbrenner (z. B. hier, hier, hier und hier). Aktueller Anlass ist eine Spielbesprechung von Thomas Lindemann in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (Nr. 30, S. 39). Dabei ist weniger die Rezeption des Spiels Ghost of Tsushima interessant, sondern ein eher beiläufiger Absatz gegen Ende:
Eine grundsätzliche Debatte über Games findet allgemein ja kaum noch statt, eingefleischte Videospieler verweigern sie ganz bewusst, die Fachmagazine, Blogs und Test-Seiten betreiben sie nicht. Anders als bei Büchern, Film und Serie gibt es kaum Reflexion darüber, was ein Spiel soll oder darf. […]
Auf Twitter wurde daraufhin fleißig diskutiert (z. B. hier und hier). Stein des Anstoßes ist dabei gar nicht so sehr die Frage, ob Games überhaupt im Print-Feuilleton auftauchen (das tun sie mittlerweile sehr regelmäßig), sondern warum dabei weite Teile der Spielkultur und ihrer Diskurse quasi verleugnet werden. Denn um festzustellen, dass »Reflexion darüber, was ein Spiel soll oder darf« und eine »grundsätzliche Debatte über Games« selbstverständlich und vielfach stattfindet, müssten die Print-Redaktionen nur zu den eigenen Online-Ablegern blicken. Oder zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk, in dem Games mittlerweile regelmäßig und auf sehr hohem Niveau aus allen möglichen Richtungen be- und hinterfragt werden. Ganz zu schweigen von den Bemühungen aus der Spielkultur selbst, ihren Gegenstand feuilletonistisch an die sagenumwobene »Mitte der Gesellschaft« anzunähern. Weitet man den Blick über den deutschsprachigen Diskurs hinaus, kann man sich kaum retten vor Reflexion.
Repräsentativ für die Perspektive des Feuilleton sei hier ein etwas älterer, aber empfehlenswerter Text des Journalisten Nicolas Freund auf Grimme Game gepiqt, der sehr gut die Berührungspunkte, aber auch Barrieren zwischen den beiden Welten aufzeigt und einordnet. Freund wirkt ebenso aktiv bei der aktuellen und früheren Diskussion zum Themenkomplex mit. Sehr pointiert lässt sich die Gegenposition vielleicht so zusammenfassen: Die existierenden Diskurse zu Games sind nach wie vor zumeist Expert*innendiskurse, die für das Print-Feuilleton-Publikum weder gut zugänglich noch sonderlich interessant sind. Zudem lassen sich Gaming-Jargon und Spielerfahrung allgemein nur schlecht Nicht-Spieler*innen vermitteln. Es fehlt eine geeignete Sprache.
Ich würde im Ansatz zustimmen, aber betonen: Damit sich eine geeignete Sprache zur zugänglichen Vermittlung von Spielkultur entwickeln kann, müssen dem zu erreichenden Publikum zunächst auch missverständliche oder nicht sofort zugängliche Aspekte der Spielkultur zugemutet werden, um einen beidseitigen Lösungsprozess der Übersetzungsprobleme einzuleiten. Stattdessen (wie oben) zu suggerieren, es gäbe gar keine nennenswerten zu vermittelnden Diskurse über und durch Games, mag Dissonanzen beim Publikum vermeiden (»Hoppla, ich verpasse ja ein Stück relevante Gegenwartskultur!«), sorgt aber auch für Stillstand oder zumindest für eine Verlangsamung des kulturjournalistischen Transfers. Dabei wäre das Feuilleton ja der ideale Ort dafür.
Das Feuilleton ist ein Ideenresort, es ist so etwas wie das Labor der Zeitung. Sprachlich und theoretisch können hier Dinge ausprobiert und angedacht werden […].
Bei mir bleiben – auch aus dem eigenen Wunsch, meine spielkulturelle Vermittlungsarbeit zu verbessern – vor allem ehrliche, brennende Fragen: Nicht-Spieler*innen, was sind Eure Hindernisse beim Kontakt mit Games? Was müssten sie tun, um für Euch interessanter zu sein? Wie müsste ein Feuilleton-Artikel über Games geschrieben sein, um für Euch nicht nur so mittelmäßig relevant zu sein? Über welche Kanäle kommt Ihr in Kontakt mit Games? Über welche müssten Euch Games begegnen, damit der Kontakt mit ihnen überhaupt wahrscheinlich ist? Denn letztlich kann diese Begegnung und die anderen Perspektiven, die sie mit sich bringt, nur jene grundsätzliche Debatte über Games produktiv befeuern, die es ja angeblich kaum gibt.
Quelle: Nicolas Freund Bild: Grimme Game www.grimme-game.de
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