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Kurator'in für: Pop und Kultur Fundstücke Medien und Gesellschaft
Freier Journalist in Hamburg. Liebste Arbeit: Interviews führen; übelste Arbeit: Interviews abtippen.
Flohwalzer-Virtuose. Erste selbstgekaufte Kassette: Roxette - "Tourism". Krautrock, afrikanischer Blues und Souljazz waren da noch fern. Schätzt "Handgemachte Musik", und hört natürlich trotzdem HipHop, Dub und Ambient.
Die Elbphilharmonie in Hamburg ist fertig, wurde schon beravet und betanzt, morgen Abend wird sie offiziell eröffnet. Das Presseinteresse ist seit Monaten gewaltig, Architekturkritiker überschlagen sich vor Lob und suchen „hilflos nach Vergleichsmaßstäben", nicht nur norddeutsche Medien widmen dem Konzerthaus ganze Sendungen. Auch das Publikum ist hingerissen: sobald neue Kartenkontingente in den Verkauf gegeben werden, brechen die Server der Website regelmäßig unter der Last der Anfragen zusammen.
Doch was sagen eigentlich die Musiker der Stadt zu dem Wunderbau? Tobias Rempe vom Ensemble Resonanz, das den kleinen Saal (immerhin 500 Plätze) bespielen wird, zeigt sich angetan von den flexiblen Nutzungsmöglichkeiten des Raumes, Chefdirigent Thomas Hengelbrock spricht von einem „Traum" (nochmal das Kulturjournal).
Nicht-Involvierte sind da schon kritischer. Der Arrangeur und Komponist Klaus-J. Rathjens kann die enormen Kosten nicht vergessen. Rathjens erwähnt im Dradio das Beispiel Schleswig. In der schleswig-holsteinischen Stadt fehlten „nur" vier Millionen Euro für ein neues Theater, Peanuts im Vergleich mit den 865 Millionen der „Elphi": „Unser föderales System stellt prachtvolle Kulturbauten in den urbanen Zentren neben die Not der Provinz." Und er bezeichnet die Beteuerungen der Politiker, andere Kulturausgaben der Stadt würden nicht beeinträchtigt, weil die Elbphilharmonie einen eigenen Etat besäße, als Augenwischerei. Denn: „welche Summe hätte man bei angemessener Planung sparen können?"
Ein gewichtiger Einwand. Dennoch freue ich mich auf das neue Konzerthaus, insbesondere auf den Auftritt der Einstürzenden Neubauten, die zuvor schon historisch deutlich belastetere Bauwerke musikalisch erkundet haben.Erst wenn der Senat dafür sorgt, dass Musikschulen, Chöre, Band-Probenräume und andere Kultureinrichtungen gut versorgt sind, erst dann wäre das eigentliche Fundament der Elbphilharmonie gelegt. Erst dann erhielte sie ihre Daseinsberechtigung.
Quelle: Klaus-J. Rathjens Bild: imago/Manngold deutschlandradiokultur.de
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Hm. Eine Kritik am föderalen System, nicht an der Elbphilharmonie (kein Euro aus Hamburg wäre Schleswig-Holstein zu Gute gekommen, wenn das Haus nicht gebaut worden wäre), der vielleicht der Maßstab fehlt.
Denn wo ist die kulturelle Breitenversorgung in der Fläche besser als in Deutschland mit Opernhäusern in jeder kleineren Großstadt und Theatern überall? Das bedeutet nicht, dass gerade nicht vielerorts an den falschen Stellen gespart wird. Aber diese Kritik an Hamburg zu richten und nicht an die verantwortlichen Länder und Kommunen, erscheint mir seltsam.
Und wäre der logische Schluss aus diesem Befund nicht, zu loben, dass hier investiert wurde (und viel investiert wurde). Auch wenn der Großteil des Geldes an Hochtief ging und nicht an Chöre und Orchester: So ein Haus erhöht den Druck auf die Stadt, ihre Musiklandschaft nicht verkümmern zu lassen, das wäre blamabel.
So paradox das klingen mag: Kann sein, dass die Tatsache, dass die Elbphilharmonie da steht und sooo teuer war, der Musikförderung in der Breite sogar gut tut. Es wäre verkürzt zu denken, dass das Geld, das dort investiert wurde, sonst 1:1 (oder auch zu großen Teilen) in der Kulturförderung gelandet wäre.