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Pop und Kultur

Kamasi Washington und die Abgründe der 70er Jahre

Jan Paersch
Autor für taz, NDR, DLF, Jazz Thing und andere
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Jan PaerschMontag, 22.08.2016

Als Kind der 80er vergisst man gerne, dass die 70er Jahre nicht nur lustig waren. Kernenergie war eine Zukunftstechnologie, bis 1976 gab es eine gesetzlich festgelegte Aufgabenteilung in der Ehe und endlose Drumsoli waren in der Rockmusik gang und gäbe. Über die ersten beiden Punkte müssen wir nicht mehr sprechen. Aber feiert das Drumsolo in Zeiten, in denen die Scorpions und AC/DC noch immer, und Guns N' Roses wieder auf Tour sind, nun ein Comeback? Und das sogar im Jazz?

Kamasi Washington war der Jazz-Hype des Jahres 2015: ein Tenor-Saxophonist, der mit seinem dreistündigen Debütalbum in alle Jahresbestenlisten kam und in Deutschland sogar in die Top40 der Pop-Charts. Am 17. August spielte Washington mit seiner siebenköpfigen Band im Hamburger Grünspan seinen druckvollen Funk-HipHop-Jazz live — bei Saunatemperaturen und viel zu lautem Bass. Die Kollegin Yvonne Franke piqte im Juni bereits ein Interview mit der Spex, in der Washington vornehmlich über den in den USA grassierenden Rassismus sprach. Nun spricht Washington auch über Musik: Im Jazz gehe es um um Improvisation; um das, was im Hier und Jetzt passiert. Und: „Die Musik ist der Chef." Im Grünspan machte sich dagegen eine unangenehm egozentrische Muckerhaftigkeit bemerkbar (auch dafür waren die 70er berüchtigt): Die Musiker schienen sich gegenseitig in Geschwindigkeit überbieten zu wollen. Das Ganze gipfelte in einem mehr als zehnminütigen Solo der beiden Schlagzeuger. Brauchte Washington nur eine Verschnaufpause?

Die Zukunft des Jazz, die dem Mann aus LA derzeit schon von Journalisten aufgebürdet wird, sieht hoffentlich anders aus.

Kamasi Washington und die Abgründe der 70er Jahre

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