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Pop und Kultur

Safety First: Wenn es besser ist, ein Konzert abzubrechen

christina mohr
Freie Autorin

Geboren in Frankfurt, heute wieder dort lebend und arbeitend - hauptberuflich für einen Sachbuch- und Wissenschaftsverlag, daneben als freie Autorin für Magazine wie Spex, Missy Magazine, Konkret, Die Anschläge, kaput-magazine.com, melodiva.de, culturmag.de.

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christina mohrFreitag, 12.08.2022

Viele haben es bestimmt schon mal erlebt: Wenn die Stimmung beim Konzert umschlägt, wenn aus fröhlich-begeistertem Rumgehopse eine bedrohliche Situation erwächst, weil vielleicht weiter vorne jemand gestürzt ist oder (noch schlimmer) Leute anfangen, sich zu prügeln. Für die Performenden ist es nicht immer leicht, die Lage von der Bühne aus einzuschätzen - schrecklichstes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit: Im November 2021 starben zehn Fans bei einer Massenpanik während des Auftritts von Travis Scott beim von ihm selbst organisierten Festival Astroworld. Furchtbare Vorfälle wie diesen hat es in der Live-Historie des Pop und Rock immer schon gegeben. Man denke an das Desaster beim Auftritt der Rolling Stones in Altamont anno 1969, das als das "Ende der Hippie-Ära" gilt, oder die neun Menschen, die im Jahr 2000 während des Auftritts von Pearl Jam beim Roskilde Festival starben. Die Ursachen sind ähnlich und unterschiedlich zugleich: Aufgekratzte Fans, falsche Einschätzung der Situation durch Bands und Security, ungünstige örtliche Bedingungen und andere Unwägbarkeiten.

In letzter Zeit scheint sich ein stärkeres Bewusstsein dafür zu bilden, wann es richtig sein könnte, ein Konzert abzubrechen - als positive Beispiele für Künstler:innen mit empathischem Blick auf ihr Publikum gelten Billie Eilish, Harry Styles und Adele (und natürlich viele andere, die genannten haben allerdings derzeit die größten Crowds vor sich). So wartete Eilish unlängst mehrere Minuten auf der Bühne ab, bis ein Fan im Publikum wegen Atemproblemen versorgt wurde.

Guardian-Autor Kyle MacNeill sprach für seinen Artikel mit Professor Chris Kemp, dem Gründer der Beraterfirma MindoverMatter, die an Frühwarnsystemen für Vorfälle auf Großveranstaltungen arbeitet. Auch Steve Allen, Tourmanager von u.a. Led Zeppelin, Blur und den Red Hot Chili Peppers, sieht die Notwendigkeit für rechtzeitiges Einschreiten bzw. "show stopping":

“There needs to be a clear understanding of roles and responsibilities,” Allen explains, referencing the extensive planning he undertook for Eminem’s Anger Management tour, in which they invited the police force from the city of the subsequent gig to prepare by attending the one before.

Denn es ist wohl nicht so, dass die Menschen nach der langen coronabedingten Konzertpause das Ausflippen erst wieder "lernen" müssten - auch bei Konzerten, die nicht unbedingt eine Massenekstase erwarten ließen, wären die Leute außer Rand und Band:

After nearly 18 months of being deprived of live music, crowds are generally more excited across the board. “You might think Rod Stewart: no problem at all. Wrong!” says Allen. “I see the genuine excitement among [all people at gigs] as if they have a Willy Wonka ticket.”

Aufgestaute Aufregung und Begeisterung können schnell kippen: Also passt gut aufeinander auf!

Edit / 18.8.2022

In diesem Zusammenhang interessant und fürchterlich zugleich - zwei Dokus über das katastrophale Woodstock-1999-Festival:


https://www.musikexpress.de/trainwreck-woodstock-99-auf-netflix-warum-diese-festivaldoku-nur-schwer-zu-ertragen-ist-2182777/

https://www.hbo.com/movies/woodstock-99-peace-love-rage

Safety First: Wenn es besser ist, ein Konzert abzubrechen

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