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Technologie und Gesellschaft

Das Märchen von den „anonymen“ Daten

Jörn Klare
Neugier und Misstrauen
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Jörn KlareDienstag, 30.07.2019

In der SZ fasst Simon Hurtz schnell und gut lesbar eine bemerkenswerte Studie zusammen, in welcher der belgische Informatik-Dozent Yves-Alexandre de Montjoye mit zwei Kollegen darlegt, wie leicht sich eigentlich anonyme Daten konkreten Menschen zuordnen lassen.

Die Studie selbst wurde vor einer Woche in der Fachzeitschrift Nature (für FreundInnen der komplexen Mathematik) veröffentlicht. Sie ...

... zeigt, dass in acht von zehn Fällen Geschlecht, Geburtsdatum und Postleitzahl reichen, um Menschen zweifelsfrei zu identifizieren; schon weiß man, dass es sich um Barbara Miller oder John Smith aus So-und-so handelt. Und mit lediglich 15 Angaben können die Wissenschaftler die Identität eines US-Amerikaners mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,98 Prozent bestimmen.

Dazu sollte man sich bewusst machen, dass Unternehmen Datensätze vermarkten, die jeweils Hunderte Merkmale von Millionen Menschen enthalten und dass dieser Datenhandel in der Regel legal ist. Dazu kommen die Daten von Milliarden Nutzern, die durchaus auch illegal gehandelt werden ...

Eine Möglichkeit, dem entgegen zu wirken, wären strengere Gesetze und bessere Anonymisierungsverfahren, sowie die Möglichkeit mit den eigenen Daten weniger freigiebig umzugehen.

Nur: Wer glaubt noch, dass das reicht?

Das Märchen von den „anonymen“ Daten

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Kommentare 8
  1. Sven Clemens
    Sven Clemens · vor 5 Jahren · bearbeitet vor 5 Jahren

    "Eine Möglichkeit, dem entgegen zu wirken, wären strengere Gesetze und bessere Anonymisierungsverfahren, sowie die Möglichkeit mit den eigenen Daten weniger freigiebig umzugehen"

    Das braucht's nicht.
    Allgemein ist die ganze Studie für den Allerwertesten.
    Es ist bekannt das man mit Geschlecht, Geburtsdatum und Postleitzahl viele Menschen identifizieren kann.

    Genau deshalb sind solche Daten (Anschrift, Geburtsdatum und Geschlecht) als schützenswerte Daten nach der DSGVO klassifiziert.
    Es gelten also bereits strenge rechtliche Vorgaben zur Sammlung, Verwertung und Weitergabe dieser Daten.

    Wenn man natürlich bei jedem Hinz und Kunz seine persönlichen Daten in ein (Kontakt-)Formular oder Gewinnspiel einträgt, dann braucht man sich auch nicht wundern das die Daten gar nicht mehr so persönlich sind, wie sie es sein könnten!

    Die 15 Angaben sind ja schon eher als Witz zu verstehen - wer so viele seiner Daten eingibt, der/die brauch sich jawohl nicht wundern.
    Mit Namen, Adresse, Geburtstag, E-Mail-Adresse und Telefonnummer kommt man lediglich auf 5 - klar das man mit 10 weiteren Angaben die Menschen noch genauer identifizieren kann.

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor 5 Jahren

      Soweit ich weiß, zählt die DSVO Geschlecht, Geburtsdatum und Postleitzahl nicht zu personenbezogenen Daten: https://dsgvo-gesetz.d...

      Genau das ist das Problem: Diese Angaben ermöglichen für sich genommen noch keine Identifizierung. In Kombination lassen sie aber Rückschlüsse auf einzelne Personen zu. Der Text und die Studie erklären das eigentlich ganz gut. Deshalb fordern die Autoren ja auch schärfere Datenschutzgesetze, die sich von der Mär der anonymisierten Daten verabschieden. In den meisten Fällen sind diese höchstens pseudonymisiert.

      "Wenn man natürlich bei jedem Hinz und Kunz seine persönlichen Daten in ein (Kontakt-)Formular oder Gewinnspiel einträgt, dann braucht man sich auch nicht wundern das die Daten gar nicht mehr so persönlich sind, wie sie es sein könnten!"

      Schön wär's, wenn man immer selbst entscheiden würde, diese Daten freizugeben. Durch Hacks und Leaks haben einzelne Nutzerïnnen eben keine Kontrolle mehr.

    2. Sven Clemens
      Sven Clemens · vor 5 Jahren

      @Simon Hurtz "Soweit ich weiß, zählt die DSVO Geschlecht, Geburtsdatum und Postleitzahl nicht zu personenbezogenen Daten."
      Dann fragen Sie einen Datenschützer, alle mit denen ich sprach haben diese Daten zu den persönlichen Daten gezählt.
      Wobei wir meist über Adressen im Ganzen und nicht nur über Postleitzahlen gesprochen haben.
      Sei es wie es sei. Selbst wenn nicht würde spätestens die Konsolidierung der Daten dafür sorgen, dass der entstehende Datenbestand unter die DSGVO fällt.

      Das sich darum von Seiten der Sammler eventuell niemand kümmert, ist das selbe Problem wie bei Leaks und Hacks - wenn es schon illegal ist, dann ist es auch egal wie illegal.
      Wie soll man etwas verbieten, was schon verboten ist? Die Strafen schärfer machen?
      Sind bis zu 20 Millionen Euro nicht genug?

      Die Durchsetzung ist das Problem und das "niemand" es für nötig hält sich an solche Gesetze zu halten. Ähnlich wie es bei Geschwindigkeitsbegrenzungen der Fall ist.

    3. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor 5 Jahren

      @Sven Clemens "Dann fragen Sie einen Datenschützer, alle mit denen ich sprach haben diese Daten zu den persönlichen Daten gezählt."
      Keine Sorge, ich habe mit Datenschützern gesprochen. Und ich habe gelesen, was in der DSGVO steht. Bitte klicken Sie einfach auf den o.g. Link.

      "Wobei wir meist über Adressen im Ganzen und nicht nur über Postleitzahlen gesprochen haben."
      Schreibe ich Adresse, oder schreibe ich Postleitzahl?

      "Selbst wenn nicht würde spätestens die Konsolidierung der Daten dafür sorgen, dass der entstehende Datenbestand unter die DSGVO fällt."
      Eben nicht. Oft erfolgt die De-Anonymisierung auch erst durch Kombination mit einem anderen Datensatz (schauen Sie die später im Text genannten und verlinkten Beispiele an, bei denen Menschen identifiziert wurden). In solchen Fällen erachten Datenschutzgesetze den Datensatz als anonymisiert – de facto sind die Daten aber personenbezogen.

    4. Sven Clemens
      Sven Clemens · vor 5 Jahren · bearbeitet vor 5 Jahren

      @Simon Hurtz Sie haben gelesen was in der DSGVO steht oder was andere darüber sagen was darin steht?

      Auf einer anderen Unterseite der von Ihnen verlinkten Seite (die im übrigen in keiner Art und Weise eine offizielle Quelle darstellt) steht doch der Artikel 4 der DSGVO.
      Zit.: >„personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen identifiziert werden kann, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind;<

      Das Geburtsdatum ist ein Datum einer natürlichen Person.
      Hier steht auch das alle Daten die in Kombination eine Identifikation erlauben unter die DSGVO fallen.

      Die LDI NRW (eine offizielle Quelle) hat hierzu einen Leitfaden herausgegeben. Hier wird genau dieser Sachverhalt nochmal auf Seite 5 dargelegt!

      https://www.ldi.nrw.de...

  2. Simon Hurtz
    Simon Hurtz · vor mehr als 5 Jahre

    Danke für den Piq! Nur eine Anmerkung: "Hurtz fordert strengere Gesetze und bessere Anonymiserungsverfahren (...)". Das fordere gar nicht ich, das schreiben die Autoren der Studie selbst (wobei ich das ähnlich sehe – allerdings ebenfalls fürchte, dass das allein nicht reichen wird). Die Zeitung musste kürzen, deshalb ist die Formulierung an dieser Stelle etwas unklar.

    1. Jörn Klare
      Jörn Klare · vor mehr als 5 Jahre

      Ups ...
      Einmal verkürzt, einmal pointiert ... und schon schrammt es an den Tatsachen vorbei. Das bedauere ich. Habe es gerade geändert.

      Bei der Gelegenheit mal direkt gefragt: Wie lässt sich bei den ganzen kursierenden Daten und den Möglichkeiten, mit ihnen umzugehen, Resignation vermeiden?

    2. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor mehr als 5 Jahre

      @Jörn Klare Alles gut ;) Das warst ja weniger du, der verkürzt hat, sondern die SZ-Redaktion. Danke fürs Ändern!

      Was deine Frage angeht: Ich glaube, dass es nur mit Pragmatismus geht. Da draußen schwirren Daten von Milliarden Menschen herum – das bedeutet im Umkehrschluss: Die Daten des Einzelnen sind weniger Wert, weil es der Normalfall ist, dass sie bekannt und öffentlich sind.

      Ohnehin sind die meisten Unternehmen ja nicht an individuellen Nutzerïnnen interessiert. Sie sammeln nur Daten, um Werbekunden einzureden, dass sie mit ihren Anzeigen Menschen erreichen, die sich tatsächlich dafür interessieren. Diese kommerzielle Überwachungsmaschine, in die sich das Netz mittlerweile verwandelt hat, ist unschön, aber kein Grund zur Panik.

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