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Pop und Kultur

"Lovemobil": Ist der hochgelobte Dokumentarfilm eine Fälschung?

Clara Westhoff
Journalistin

Freie Journalistin beim Bayerischen Rundfunk

Zum Kurator'innen-Profil
Clara WesthoffDonnerstag, 25.03.2021

Der vermeintliche Dokumentarfilm "Lovemobil" von Regisseurin Elke Lehrenkrauss hat ordentlich abgeräumt: er wurde mit dem Deutschen Dokumentarfilmpreis 2020 ausgezeichnet und für den Grimme-Preis nominiert. Ersteres gab Lehrenkrauss nun zurück, Letzteres wurde rückgängig gemacht. Was ist hier passiert?

Der Film zeigt zwei angebliche Prostituierte und ihre Lovemobil-Vermieterin, gewährt intime Einblicke in einen schaurigen Part der Sexarbeit. Nun hat eine Recherche des Formats STRG_F aufgedeckt, dass das Werk in großen Teilen nicht echt ist. Es wurden Darsteller engagiert und Szenen inszeniert. Besonders pikant ist, dass der NDR, zu welchem auch STRG_F gehört, die Doku mitfinanziert hat. 

Wäre der Einsatz von Schauspielern von der Regisseurin offen angegeben worden, gäbe es kein Problem. Per se kann ein Dokumentarfilm mit solchen Stilmitteln arbeiten. Doch Lehrenkrauss log in Interviews - es hätte keine Schauspieler gegeben, kein Drehbuch. Nun rudert sie zurück. Der Film ist trotzdem sehenswert – die halbstündige Aufdeckung von STRG_F umso mehr. Ich rechne es dem NDR hoch an, mitfinanzierte Projekte kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren, wie solche Schwindeleien nach dem Relotius-Skandal noch durch sämtliche Faktenchecks kommen können.

Die Zeit hat zu der Thematik ebenfalls ein lesenswertes Hintergundstück verfasst, das man hier lesen kann und sollte. Zu Wort kommt eine ehemalige Dozentin von Lehrenkrauss, die sie ein Stück weit in Schutz nimmt.

"Lovemobil": Ist der hochgelobte Dokumentarfilm eine Fälschung?

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Kommentare 13
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

    Ergänzend sei dieser Artikel empfohlen:

    "Viel­leicht muss man über die 36.000 Euro schreiben. 36.000 Euro – so viel ist dem NDR eine Lang­zeit­do­ku­men­ta­tion für das Kino wert, jeden­falls diese. Für 36.000 Euro erwartet also ein öffent­lich-recht­li­cher Sender, dass eine Regis­seurin jahrelang unter Straßen­pro­sti­tu­ierten recher­chiert und einen fertigen Langfilm fürs Kino im Stil des Direct Cinema dreht. Dies ist eine lächer­liche Summe, für die die Regis­seurin Elke Lehren­krauss diesen Film in welcher Weise auch immer hätte fertig­stellen können.
    Selbst­ver­ständ­lich hat sie noch etwas mehr Geld bekommen: Zu den 36.000 Euro vom NDR kamen von der Nord-Media, der Film­för­de­rung von Nieder­sachsen und Bremen weitere 50.000 Euro; im Rahmen eines Stipen­diums schließ­lich 15.000 Euro. Alles in allem hat sie also etwa 100.000 Euro bekommen – auch das ist erschre­ckend wenig für eine mehr­jäh­rige Recherche und für einen Film, der de facto eigent­lich 400.000 bis 500.000 Euro wert ist.

    So miserabel sind die Bedin­gungen im deutschen Kino. Es ist nicht unüblich und man muss dem Sender konsta­tieren, dass er sich hier nur an die Gepflo­gen­heiten hält. Aller­dings eben kata­stro­phale Gepflo­gen­heiten, die die Produkte, also die Filme beschä­digen. An Gepflo­gen­heiten, die den deutschen Film grund­sätz­lich beschä­digen, weil sie Arbeits­be­din­gungen schaffen, unter denen keiner vernünftig arbeiten kann.
    Wenn man über den Fall Lovemobil sprechen möchte, dann kann man von den Produk­ti­ons­be­din­gungen des deutschen Kinos nicht schweigen."

    Hier der ganze Beitrag:
    https://www.artechock....

    1. Hristio Boytchev
      Hristio Boytchev · vor mehr als 3 Jahre

      Warum?

    2. Clara Westhoff
      Clara Westhoff · vor mehr als 3 Jahre

      Ich kenne mich mit den Budgets in dieser Sparte leider nicht aus. Doch auch wenn das sehr wenig Geld sein sollte, rechtfertigt es doch nicht die versäumte Kennzeichnung im Film selbst und die Falschaussagen in Interviews.

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      @Clara Westhoff "Das entschuldigt nichts", schreibt auch Rüdiger Suchsland, der Autor des empfohlenen Artikels. Er erklärt schandbare Verhältnisse.

      Eine hohe Dunkelziffer vermute ich.

  2. Hristio Boytchev
    Hristio Boytchev · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Hatte ich auch im Medienkanal hier empfohlen:
    https://www.piqd.de/us...

    1. Clara Westhoff
      Clara Westhoff · vor mehr als 3 Jahre

      Wie schön! Und wie sonderbar... normalerweise bekommt man einen Hinweis, wenn zu dem Link bereits ein piq erstellt wurde.

    2. Hristio Boytchev
      Hristio Boytchev · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Clara Westhoff Ja, kein Problem, manchmal ist es ja nicht genau derselbe Link.

    3. Maximilian Rosch
      Maximilian Rosch · vor mehr als 3 Jahre

      @Hristio Boytchev Was sagt ihr denn zu ihrer Begründung, sie hätte wegen der Deadline so unter Druck gestanden, dass sie es versäumt hat, die Szenen entsprechend als inszeniert zu markieren? Und dass sie eben den Punkt verpasst habe, dem NDR gegenüber die Wahrheit zu sagen, auch aus Angst, dass der Film dann nicht mehr abgenommen werde. Steckt da auch wieder ein systemisches Problem dahinter?

    4. Hristio Boytchev
      Hristio Boytchev · vor mehr als 3 Jahre

      @Maximilian Rosch Mich überzeugt die Begründung nicht. Sicherlich gibt es systemische Probleme und falsche Anreize, aber sie reichen freilich nicht für eine Rechtfertigung im konkreten Fall.

    5. Maximilian Rosch
      Maximilian Rosch · vor mehr als 3 Jahre

      @Hristio Boytchev Ja genauso geht es mir auch. Selbst wenn ich die Zahlen oben lese, die Achim kommentierte. Das ist einfach nicht zu rechtfertigen und widerspricht dem Anspruch, der an einen Dokumentarfilm gestellt wird.

    6. Clara Westhoff
      Clara Westhoff · vor mehr als 3 Jahre

      @Maximilian Rosch Ihr Punkt ist natürlich schwach, dennoch frage ich mich, wie der NDR das nicht bemerken konnte. Gab es während der Dreharbeiten nur eine oberflächliche Kommunikation? Rund drei Jahre lang wurde gefilmt, da tauscht man sich doch hoffentlich regelmäßig mit dem zuständigen Redakteur aus - auch über die Protagonisten. Und spätestens seit dem Fall Relotius müssten bei solchen krassen Geschichten doch die wichtigsten Fakten überprüft werden, ein Anruf bei der vermeintlichen Prostituierten hätte gereicht.

    7. Maximilian Rosch
      Maximilian Rosch · vor mehr als 3 Jahre

      @Clara Westhoff Der Redakteur meinte ja auch, dass ihn das jetzt in jedem Projekt begleiten werde. Ist für das Betriebsklima nicht unbedingt förderlich, wenn in jeden Termin mit einer Portion Skepsis gegangen werden muss. Was du bzgl des Austausches ansprichst, finde ich wichtig. Da wird es darauf ankommen Instrumente bzw. Abläufe zu etablieren oder zu verfeinern, die ein solches Fehlverhalten gezielter aufdecken oder gleich vermeiden könnten.

    8. Maximilian Rosch
      Maximilian Rosch · vor mehr als 3 Jahre

      Ah, scheinbar habt ihr unterschiedliche Links verwendet, sodass keine Warnung kam. Ist aber gar nicht schlimm, so bekommen die Empfehlung auch noch alle LeserInnen in Pop und Kultur mit.

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