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Volk und Wirtschaft

Droht eine neue, schlimmere Finanzkrise?

Gabriel Koraus

•Ausbildung als Sinologe und Religionswissenschaftler
•Arbeit in der Outdoorbranche mit Fokus auf soziale Nachhaltigkeit und ökologische Verantwortung in globalen Lieferketten

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Gabriel KorausSonntag, 16.08.2020

Seit Jahren hält sich die Diskussion, dass Regierungen, Banken und Märkte aus der Finanzkrise 2008 nichts oder nur wenig gelernt haben. Seit diesem Jahr wiederum häufen sich die Berichte über einen durch die Corona-Krise verursachten Wirtschaftszusammenbruch. 

Was liegt da näher als anzunehmen, dass sich beides ganz gut ergänzt?

In diesem Artikel beleuchtet der Autor ein Finanzprodukt, welches in seiner Art und in seiner potentiellen Wirkmächtigkeit einem anderen Finanzprodukt sehr ähnlich ist, welches seinerseits die Banken- und Wirtschaftskrise in den USA im Jahr 2008 entscheidend mitbedingt hat: die Collateralized Dept Obligation (CDO). 

Und um die ganze Sache noch synchroner zu gestalten, heißt das Ding auch fast genau so: Collateralized Loan Obligation (CLO).

Bei CDO's handelt es sich um Hypotheken und verbriefte Immobilienkredite von Privatpersonen, die von der Bank gebündelt und weiterverkauft werden. So lange diese Kredite von den Schuldnern bedient werden können, ist alles gut und alle gewinnen. Wenn die Wirtschaft jedoch einbricht und/oder die Kredite ohne genaue Prüfung auch an jede noch so mittellose Person vergeben werden, dann können besagte Kredite größtenteils nicht bedient werden und die CDO's fallen aus. Wenn davon dann so richtig viele im Umlauf sind und es zudem noch einige weitere intrinsische Defizite im Bankensystem gibt, dann passiert, was 2008 passierte. 

Dies war nun eine extrem verkürzte und vereinfachte Zusammenfassung der Geschehnisse, aber für einen Überblick reicht es. 

Die im Artikel erwähnten CLO's sind nun mittlerweile ähnlich endemisch im amerikanischen Bankenwesen vertreten und zudem ähnlich gestrickt, wie die CDO's. Nur dass es sich bei den realen Kreditnehmern nicht um Privatpersonen handelt, sondern um notleidende, in wirtschaftliche Schieflage geratene Unternehmen! 

Besagte CLO's sind nun so strukturiert, dass sie im Idealfall das Risiko, welches die Bank mit der Kreditvergabe einging, auslagern weil weiterverkaufen. Und indem mehrere, unterschiedlich disponierte Kreditverpflichtungen zusammengebündelt werden, wird die Ausfallwahrscheinlichkeit eines CLO's reduziert. Es sei denn, sämtliche im CLO gebündelten Kredite können gleichzeitig nicht bezahlt werden, weil alle Schuldner gleichzeitig mit der Insolvenz konfrontiert sind. Sehr unwahrscheinlich, aber seit den Ereignissen von 2008 sollte man es besser wissen. 

Auftritt Coronapandemie. Die Wirtschaft insgesamt erlebt eine Rezension. Und nur zu Erinnerung: wir reden von Krediten an Unternehmen, denen es bereits vor der Coronapandemie ausnehmend schlecht ging...

Will sagen: die Ausfallwahrscheinlichkeit von CLO's steigt exorbitant an. 

Aber wer trägt das Risiko? Die Banken haben es ja verkauft. An Versicherungs-und Pensionsfonds, Hedgefonds - und andere Banken! Von denen sie ihrerseits wieder deren CLO's erworben haben. Und zwar billionenfach. Ein riesiger fauler Kreislauf. Die gesamte Finanzbranche steckt drin und bereichert sich an sich selbst - und an den notleidenden Unternehmen sowie an den Ersparnissen aller Privatpersonen selbstverständlich.

Gelernt wurde also wirklich nichts. Der Geißel der letzten Krise - die Spekulation - wird weiterhin mit der selben Gewinngeilheit und Rücksichtslosigkeit gehuldigt, wie ehedem. Denn in der Not (DAS wurde allerdings ausführlich  gelernt) gibt's ja staatliche Hilfen, wenn die Kiste doch wieder vor den Baum fährt. 

Denn der Finanzsektor verbürgt eben den Wohlstand und die Freiheit der marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaft und ist damit so systemrelevant wie nur irgendwas.




Aber ist dem wirklich so? 

In gewisser Weise ja. Denn dieser große, eigentlich abstrakt und nur virtuell existente Finanzkreislauf garantiert die grundlegende Funktionsweise der modernen Geldwirtschaft: Zirkulation. 

Solange nur ein gewisses Mindestvertrauen der Marktteilnehmer untereinander herrscht, leihen und verleihen alle voneinander. Und alle kaufen. Die Wirtschaft rotiert, die Währungen bleiben stabil. 

Es darf nur nicht ins stottern geraten. Denn wenn's das tut, implodiert der Kreislauf schneller als irgendwas. Und die gesamte, über Jahrzehnte geschaffene gesellschaftliche Stabilität kollabiert.

Résumé: gerade weil Banken so existenzielle Bedeutung für unsere moderne Gesellschaft besitzen, müssen sie restriktiv kontrolliert, ihre Aktivitäten reguliert werden. Es gilt, klare gesetzliche Parameter zu setzen, innerhalb derer sie operieren dürfen. Die Institutionalisierung der Profitgier im Finanzwesen gehört unterbunden. 




Droht eine neue, schlimmere Finanzkrise?

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Kommentare 1
  1. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor 4 Jahren

    Wirklich nicht's gelernt, außer vielleicht, mit welchem neuen Produkt sich Geld verdienen und Risiken abwälzen lassen. Krass. Danke für den piq.

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