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Kurator'in für: Europa Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953
Studium der Elektrotechnik und Elektronik
Forschung / Lehre auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Innovationstheorie
Entwicklung von Forschungsprogrammen im IKT-Sektor für verschiedene Bundesministerien und Begleitung der Programme und Projekte - darunter Smart Energy, Elektromobilität, netzbasiertes Lernen, Industrie 4.0
Nun im Un-Ruhestand
Nein, wir haben keine Inflation zu befürchten, so die Modern-Monetary-Theory.
Die Sorge, dass schuldenfinanzierte Investitionen des Staates die Inflation nach oben treiben könnten, sei unbegründet, … Allein ein Blick auf die Zeit nach der Finanzkrise, auf die 2010er-Jahre, zeige das …
Und nun ist sie da. Sicher nicht allein durch Staatsverschuldung und Niedrigzinsen, die aber nicht unbeteiligt sind. Das Wirtschaftsmagazin "brand eins" widmet dem Thema "Preise und Inflation" nun einen Schwerpunkt. Am Beginn des Interviews mit dem Wirtschaftswissenschaftlers Stephan A. Jansen steht die Frage: "Ist Inflation immer eine Gefahr?" Mit der klaren Antwort, natürlich nicht grundsätzlich. Es gilt:
Preise haben in Marktwirtschaften eine zentrale Funktion: die dezentrale Lenkung des Nachfrageverhaltens. Die aktuell steigenden Preise sagen uns genau das – wir müssen unsere Nachfrage ändern. Das wiederum hat Folgen für unser Leben und am Ende auch für die Produktionsweise unserer Volkswirtschaft.
Man kann sicher neben der Nachfrage auch die Produktion ändern, sie etwa effizienter gestalten. Aber es stimmt, steigende Preise signalisieren Knappheit und fordern Veränderungen. Die heutige Situation und die Stimmung sind ähnlich wie in den 70er Jahren.
Damals hatten wir wie jetzt auch einen sogenannten Angebotsschock – die Nachfrage ist höher als das Angebot. Hinzu kam ebenfalls eine deutliche Steigerung der Energiekosten.
Der Staat reagierte mit dem üblichen Mix an Maßnahmen:
Jansen vertritt die Meinung, dass dieser Maßnahmenmix damals nicht besonders gut funktioniert habe. Seiner Meinung nach (über die man streiten sollte) war eine begleitende Kampagne "Whip inflation now!" wichtiger:
Dahinter stand eine junge Frau, Sylvia Porter. Direkt hat die Kampagne zwar nichts bewirkt, doch sie trug zu einer breiten, nach einem anderen Amerika klingenden Ideensammlung bei: Fahrgemeinschaften, Urban Farming, Vermeidung von Lebensmittelvernichtung und die Selbstverpflichtung von Unternehmen, Kosten nicht vollständig an die Konsumenten durchzureichen.
Er sieht darin einen frühen Hinweis darauf, dass man Volkswirtschaft auch vom Volk her denken kann. Und auch darauf, dass Bevölkerungen ihre Vorstellungen vom Wohlstand ändern können.
Inflation wäre dann so etwas wie die Entwertung einer früheren Version des Kapitalismus – um einer besseren Version willen. Die Deutschen waren in den Siebzigerjahren schon einmal zu einigem Konsumverzicht bereit.
Was damals allerdings sehr gut funktioniert hat, war die schnelle und deutliche Erhöhung der Leitzinsen durch die Bundesbank. Das steigerte das Sparverhalten der Bürger und senkte die Nachfrage. Das führte zwar kurz in eine Rezession.
Deutschland kam aber schneller, preisstabiler und gesamtwirtschaftlich besser als der Rest der Welt durch den Angebotsschock der Ölkrise.Was die Notenbanken heute stattdessen tun, ist laut Jansen "Too little, too late." Wir sehen immer noch die Nachwirkungen der Niedrig-Negativ-Zinsen und den Anleihenrückkauf. Deren Zeit war bereits vorbei, bevor der Krieg begann. Die jetzt erwarteten Zinserhöhungen (in Großbritannien, Neuseeland und den USA erwarten Beobachter eine Zinserhöhung von 2 bis 3,5 Prozent) kämen damit mehr als ein Jahr zu spät. Man hätte das früher wissen müssen und dementsprechend auch handeln können:
Aus den vergangenen hundert Jahren kennen wir Phasen mit negativen Realzinsen – die beiden Weltkriege, die Ölkrise und die Zeit nach der jüngsten Finanzmarktkrise. Allen gemein: Inflation. Es gab also kein Verständnisproblem, es fehlte nur der Handlungsimpuls – vor allem wegen des schwarzen Schwans Corona und den damit einhergehenden Lieferketten-Problemen.Den Schock des Ukraine-Krieges hingegen hätten allerdings höchstens "Diplomaten und die Menschen in Osteuropa vorausahnen" können. Wie auch immer, die Handlungsspielräume der Notenbanken werden bei einer sich ohnehin abschwächenden Konjunktur nun immer kleiner. Die Absatz-, Kapital- und die Arbeitsmärkte in unseren Volkswirtschaften stehen vor der wachsenden Herausforderung, eine adäquate Anti-Inflationspolitik zu finden.
Nehmen wir die Arbeitsmärkte. Hier werden westliche Industriestaaten die viel zitierte Preis-Lohn-Spirale zu spüren bekommen. Gerade in Ländern wie Deutschland, Österreich, Großbritannien oder den USA, wo der Fachkräftemangel Lohnsteigerungen zusätzlich erzeugt.
Auch profitieren verschiedene Interessengruppen von einer Inflation, was die Bekämpfung erschwert. Jansen zitiert hier aus dem Buch von Carmen Reinhart, der Harvard-Professorin und Chefökonomin der Weltbank, "Acht Jahrhunderte Finanzkrisen":
Dahinter stehen tatsächlich Interessen: Einerseits ist die auf Wiederwahl angelegte Politik nicht sonderlich motiviert, durch steigende Zinsen oder Steuern wissentlich Kapitalmarkteinbrüche mit teilweise erheblichen Vermögensverlusten und Arbeitslosigkeit herbeizuführen. Zudem profitieren die verschuldeten Staaten ebenso von einer Inflation wie private Unternehmen – denn sie helfen bei der Entschuldung.
Aber es wird die Armen mehr treffen als die Reichen, Ungleichheiten werden wieder steigen und Konflikte wie der "Arabische Frühling" oder die französischen Gelbwesten lassen grüßen. Wir stehen, so Jansen, nach einer langen Zeit schleichender Inflation nun am Beginn einer Jahrhundert-Inflation. Es könnte aber auch
der Anfang eines preisverdächtigen Kapitalismus werden, der die sozial- und klima-innovative Wende auslöst – einfach weil das Alte unerträglich teuer wurde. Die Energie-, Mobilitäts- und Landwirtschaftswende hätte es längst gebraucht, sie wurde unter anderem durch das billige Gas aus Russland verlangsamt. Wladimir Putins Angriff könnte auch der Impuls für eine neue, sich regionalisierende Globalisierung sein.
Nur ist das nicht allein eine Frage des Geldes für Investitionen, sondern ist durch die Realwirtschaft selbst limitiert – durch ganz materielle Ressourcen an Arbeitskraft, Energie und Rohstoffen.
Die Frage muss sein: Was können wir uns leisten? Die Antwort liegt nicht in den Finanzen begründet, sondern in der Realwirtschaft. Wenn Dich jemand fragt: Wie willst Du für das Infrastrukturprojekt bezahlen? Dann antwortest Du: Indem ich hunderttausend Bauarbeiter einstelle, Tonnen an Stahl einkaufe, die freien Kapazitäten in den Betrieben nutze – so bezahle ich das: Mit realen Ressourcen.Haben wir diese Ressourcen noch?
Quelle: Stephan A. Jansen contentconverter-cont.de
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Finde ich wirklich differenziert. Die NMP ist dann zu brauchen, wenn wesentliche Ressourcen brach liegen (was IMHO z.b. 2009 der Fall war) - jetzt steuern wir auf eine völlig andere Situation zu, die zudem dadurch verschärft wird, dass wir aus ökologischen Gründen viele Ressourcen nicht ausschöpfen können/wollen. Wenn wir dann noch in erheblichem Umfang rüsten, wird es schnell eng.