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Zeit und Geschichte

Ein Relikt einer Zeit, die vorüber ist, aber nicht vergehen will

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergDonnerstag, 30.11.2023

Auf allen Kontinenten wurde der Tod von Henry Kissinger verkündet und in vielen Beiträgen schwankt sein Bild zwischen Friedensnobelpreisträger und Kriegsverbrecher.

Bis zuletzt war er aktiv und unterwegs: Zu seinem 100. Geburtstag besuchte er im Juni seine fränkische Geburtsstadt Fürth, aus der er fliehen musste und in die er als US-Soldat zurückkehrte, danach besuchte er auf diplomatischer Mission mit Xi Jinping den chinesischen Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas, einem Land, bei dessen Öffnung er als amerikanischer Außenminister eine Rolle spielte.

Zuletzt kommentierte der Shoah-Überlebende die Massaker und den neuen Krieg im Nahen Osten. Eine geplante Berlin-Reise musste er absagen, nun ist er in seinem Haus in Connecticut verstorben.

Für die Grundversorgung ist das ZDF-Special nützlich; hier seine Selbstdarstellung auf seiner Webseite; hier ein Auftritt im Kalten Krieg; Stimmen zu seinem Tod und einige wichtige Links findet man hier; in diesem Feature von Marcus Pindur im Deutschlandfunk gibt es nicht nur viele O-Töne, sondern es gibt Wissenwertes wie Kissinger von großer europäischer Politik des 19. Jahrhundert wie die von Bismarck oder Metternich gepägt war und diese im 20. Jahrhundert, etwa bei Helmut Schmidt, selbst prägte. Last but not least der Beitrag "Gewalt. Macht. Hegemonie. Zur Aktualität von Henry Kissinger" von Bernd Greiner, der sich lohnt und den es nicht kostenfrei gibt. Meine Überschrift ist der leicht abgewandelte Schlusssatz. Hier die Zwischenüberschriften:

Die Liaison von Macht und Geist

Der Urgedanke bis heute: Amerikas Vorherrschaft ist unverzichtbar

Nixons Dreiecksdiplomatie mit Moskau und Peking

Kissinger als Einpeitscher

Wie sich die »Realpolitik« gegenüber der Realität abschottet

Wider Kissingers Willen: Die unbeabsichtigte Entspannungspolitik

Eine Klasse für sich – als Werbetexter und Impresario seiner selbst

»Das nationale Interesse ist bisweilen wichtiger als das Gesetz«

Das Motto des Beitrags stammt von Kissinger:

Wie soll man denn Diplomatie ohne die Androhung von Eskalation betreiben? Ohne diese Drohung gibt es keine Grundlage für Verhandlungen.

Die brutale Seite von Kissinger stellt Stefan Schaaf in der taz in seinem Beitrag Der Kriegs-Nobelpreisträger dar.

Henry Kissinger war nicht nur ein geschickter Stratege der US-Außenpolitik. Für die Interessen seines Landes ging er immer wieder über Leichen.

Wer sich jenseits der Nostalgie mit Kissinger beschäftigt, kommt in den schmutzigen, lauten Maschinenraum der Weltpolitik mit streng geheimen Aktionen. Hier ist zu erleben, wie Politik zur Geschichte gerinnt.

Das ist die erhellende, aber auch abstoßende Seite dieser reich entwickelten Persönlichkeit; anziehend macht ihn seine Ironie und sein Humor:

Gefragt, ob er lieber als Mr. Kissinger oder Dr. Kissinger angesprochen werden wolle, antwortete er: 'Ich kenne mich mit dem Protokoll nicht aus. Nennen Sie mich einfach Exzellenz, das genügt.' 

Als er in seiner Zeit als aktiver Politiker einmal in Rom landete, erfuhr er, dass der Papst gerade zwei Menschen heiliggesprochen hatte. Worauf Kissinger fragte: 'Wer ist der andere?'"

Ein Relikt einer Zeit, die vorüber ist, aber nicht vergehen will

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Kommentare 1
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor einem Jahr

    Damit es viele sehen, baue ich diesen Hinweis als Kommentar ein.

    Einer der aufschlussreichsten Politikerfilme kann man bis zum 28. Februar 2024 wieder in der arte- Mediathek sehen:

    "Dem Dokumentarfilmer Stephan Lamby ist es 2008 gelungen, Kissinger zu einem Interview über sein Leben zu bewegen. Entstanden ist ein ungewöhnliches Gespräch über Macht und Moral."

    https://www.arte.tv/de...

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