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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Anfang Februar führte Antje Stahl ein Interview mit dem Medienphilosophen und Künstler Peter Weibel über sein Erbe – und seine Zukunftspläne. Da er bald darauf kurz vor seinem 79. Geburtstag starb, ist es das Vermächtnis-Gespräch mit vielen Bildern aus einem reichen Leben geworden.
Der international Bekannte gewann Statur als Rebell, was er zuletzt durchaus kritisch sieht und gut begründete:
Ich bin als Heimkind beziehungsweise bei Pflegeeltern aufgewachsen, und da wird man so zornig und sieht so viel Unrecht, dass ich – leider ja – eine ungeheure Sehnsucht nach Gerechtigkeit entwickelt habe. Anfang der 1970er-Jahre hatte ich so viele Prozesse am Hals, dass ich wusste: Wenn ich jetzt mit meinen Aktionen nicht aufhöre, ende ich im Irrenhaus oder im Gefängnis. Aber das war mir der Staat nicht wert, und ich habe mich dann auf Mathematik, Logik und Computer konzentriert. Trotzdem habe ich viel Zeit verloren durch Rebellionen und Angriffe, und ich bin mir heute nicht sicher, ob sich das gelohnt hat. Mir wäre lieber gewesen, ich hätte eine Familie gehabt und mich erholen können.
Früher als viele andere beschäftigte sich Peter Weibel mit Fragen, die heute brennend aktuell sind, etwa mit der, was als Kunst anerkannt wird und was nicht. Es ging ihm schon 1996 in einer Ausstellung und einer Konferenz um eine "neue Kartographie der Kunst im Zeitalter von Postkolonialismus und globaler Migration".
Kunst, wie wir sie kannten, war eine westliche Erfindung, die bestimmte kulturelle Artefakte als Museumsware akzeptierte und andere in sogenannte Häuser der Kulturen oder ethnologische Museen abschob.
Einen weiten Bogen spannt das Gespräch von seiner Geburt in Odessa bis zum Krieg in der Ukraine heute, von toten Freunden wie Bruno Latour bis zur möglichen Überwindung des Körpers.
Nun ist Peter Weibel tot und im Gespräch meinte er, der viele Projekte noch vor sich glaubte:
Erst – und auch auf die Gefahr hin, dass das eitel klingt – wenn ich tot bin, wird man meine Kunst wieder ernst nehmen, vielleicht auch erst verstehen.
Wer jetzt neugierig auf diesen Tausendsassa geworden ist: Das Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien (ZKM), das Peter Weibel wie kein anderer prägte, hat Ausschnitte seiner Arbeiten aus mehreren Jahrzehnten vermächtnisartig zusammengestellt, die man hier sehen kann.
Quelle: Antje Stahl fragt Peter Weibel Bild: Anna Ziegler www.republik.ch
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