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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Berlin war lange Zeit ein Seismograph des Wandels in Europa. Anfang des 20. Jahrhunderts war die Reichshauptstadt auf dem Weg zur Weltstadt, was man in dem von der Deutschen Kinomathek rekonstruierten Kurzfilm von Oskar Messter aus dem Jahre 1910 sehen kann.
Das seltene Stück ist eine Zeitreise in ein vergangenes Berlin, das anders als in Filmen aus der gleichen Zeit von Paris oder London kaum wiederzuerkennen ist.
In den 1920er Jahren stand Berlin als Metropole mit planetarischer Ausstrahlung im Rampenlicht, was man auch an einem der berühmtesten Stadtporträts der internationalen Filmgeschichte sehen kann: In Walther Ruttmanns BERLIN. DIE SINFONIE DER GROSSSTADT aus dem Jahr 1927. Schon der Titel zeigt das Exemplarische an. Nicht eine Sinfonie der Großstadt, sondern die Sinfonie der Großstadt.
Zu sehen ist ein kaleidoskopischer Film mit Wirkung, der den bis heute wirkmächtigen Mythos von "Babylon Berlin" mitschuf. Hier treffen in großer Intensität Gegensätze aufeinander und gefeiert wird kräftig.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war nach Bertolt Brecht
Berlin, eine Radierung Churchills nach einer Idee Hitlers.
Berlin, der Schutthafen bei Potsdam.
Als geteilte Stadt mit Trümmerbergen wuchs sie allmählich wieder. Über den JAHRGANG 45 drehte Jürgen Böttcher 1966 in der DDR einen außerordentlichen Film, der aber verboten und erst 1990 vor Publikum gezeigt wurde.
Nach der Maueröffnung, der planetarisch als Ende des Kalten Krieges erschien, wuchs die Stadt mit Narben zusammen, was man in dieser 24-Stunden-Dokumentation sehen kann. Das war 2008.
Welche Rolle aber nimmt Berlin im 21. Jahrhundert ein? Momentan und wohl für lange Zeit ist es eine Stadt der Migranten.
Swetlana Alexijewisch zum Beispiel, die kein Deutsch spricht, lebt und arbeitet nun in Berlin. Die in Belarus geborene, in der Ukraine aufgewachsene und auf Russisch schreibene Nobelpreisträgerin für Literatur kann hier in ihrem "Material" leben. Es gibt hier viele Flüchtlinge aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die gemischter sind als in vielen anderen Städten Europas. Das war schon vor der Ausweitung der Kampfzone in der Ukraine der Fall und wird es immer mehr.
Bleibt oder wird Berlin wieder ein Seismograph zumindest für Europa? Gilt immer noch, was Heiner Müller über seine Wahlheimat sagte:
Berlin ist das Letzte. Der Rest ist Vorgeschichte. Sollte Geschichte stattfinden, wird Berlin der Anfang sein.
Ob man das glaubt oder nicht: die ausgewählten Filme geben profunde Einblicke. Bis auf den letzten von 2008 findet man sie auf der Webseite der Deutschen Kinemathek, wo man Entdeckungen machen kann.
Quelle: Oskar Messter, Walter Ruttmann, Jürgen Böttcher u. a. www.deutsche-kinemathek.de
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