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Flucht und Einwanderung

Einwanderungspolitik als Reparation

J. Olaf Kleist
Politikwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Flüchtlingsforschung

am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM), Berlin.

Gründer des Netzwerks Fluchtforschung.

Forscht zu, schreibt über und kommentiert Migrations- und Flüchtlingspolitik, insbesondere aber nicht nur in Deutschland und Europa.

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J. Olaf KleistMontag, 10.06.2019

Oft wird in der Migrationsdebatte beschworen, dass es oberste souveräne Pflicht sei, die Grenzen zu schützen. Dabei wird gerne vergessen, dass gerade europäische Staaten kein Problem damit hatten und haben, Grenzen anderer Staaten zu missachten: von Kolonialismus über Kriege bis zum Klimawandel, seit hunderten Jahren bis in die Gegenwart. Dabei ist der Bezug zwischen den anderen Grenzen und den europäischen nicht nur rhetorisch: es sind häufig die langfristigen Konsequenzen des weltweiten Handelns des Westens, die zu Armut, Konflikten und Diktaturen führen – vor denen Menschen heute und in Zukunft fliehen. Ethisch gesehen kann hier durchaus eine direkte Linie der Verantwortung von den einen Grenzen zu den anderen gezogen werden. Migration kann aber auch ganz praktisch als Reparation dienen: Die Gelder, die Migrant*innen in ihre Herkunftsländer senden, sogenannte Remittances, sind dreimal mehr als die globale Entwicklungshilfe.

Nun, Migration ist kein Allheilmittel und die Bedingungen, unter denen Migrant*innen meist leben müssen, sind alles andere als leicht. Ein solcher Ansatz lässt sicherlich viele Fragen offen: Wie können die Rechte von Migrant*innen gesichert werden, gerade wenn es eine historische Schuld ihnen gegenüber gibt? Bedeutet historische Verantwortung, dass es gegenüber manchen Gruppen eine präferierte Einwanderungspolitik geben sollte, oder dass alle Betroffenen das Recht haben, einzuwandern? Dennoch ist das Argument dieses New York Times Artikels bedenkenswert, nicht nur für die USA, sondern auch für Deutschland und Europa (und alle mächtigen Staaten). Sollte etwa historische Verantwortung in einem punktebasierten Einwanderungssystem berücksichtigt werden? Letztlich müssen sich auch unsere Grenzen und Einwanderungspolitik weiter entwickeln, denn gerade das macht Souveränität aus – wie auch Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.

Einwanderungspolitik als Reparation

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