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...hab damals den Einschreibungstermin für Theoretische Physik verpasst. Das hab ich jetzt davon.
„Muslime dürfen nicht länger schweigen“, lautete heute eine Schlagzeile im Tagesspiegel. Das Thema des Textes: Antisemitismus. Einerseits richtig: Denn über Antisemitismus schweigen sollte niemand. Andererseits: Schweigen Muslime denn mehr über Antisemitismus als der Durchschnittsdeutsche? Und wieso scheint Diskriminierung von Juden medial fast nur noch aufzutauchen, wenn der vermeintliche oder tatsächliche Übeltäter ein Muslim ist?
Mit der antisemitischen Realität in Deutschland hat eine Medienberichterstattung, in der Antisemitismus nur noch dann auftaucht, wenn man ein „importiert“ davor setzen kann, nichts zu tun. Das zeigt zum Beispiel die polizeiliche Kriminalitätsstatistik vom ersten Halbjahr dieses Jahres: 93 Prozent aller antisemitischen Straftaten entfielen auf deutsche Rechtsextreme. Die Schlagzeilen blieben aus.
Im österreichischen Standard argumentiert die Wiener Ethnologin Ingrid Thurner, dass die Fokussierung auf einen neuen muslimischen Antisemitismus mit gleichzeitiger Ignoranz gegenüber dem althergebrachten deutschen Antisemitismus einhergehe. Allzu oft ginge es den Debattenführern nicht um verfolgte Juden, sondern die Verfolgung von Muslimen. Gleichzeitig diene die „Auslagerung“ des Problems Antisemitismus auf eine Minderheit dazu, davon abzulenken, dass die deutsche Mehrheitsgesellschaft rassistisch und antisemitisch ist wie eh und je.
Ehrlich gesagt: Gerade angesichts von Thurners Meinungsstärke hätte ich mir gewünscht, sie hätte sich für komplexe Fragen, wie die historischen Ursprünge von Antisemitismus in der islamischen Welt oder die Grenzen von Israelkritik ein paar mehr Zeilen Platz genommen; sie hätte hier und da auf eine polemische Wendung verzichtet und dafür ein paar Fakten eingestreut.
Trotzdem: Wenn Medien immer häufiger den Eindruck erwecken, beim Antisemitismus handle es sich um ein Phänomen, dass vor dem kürzlichen Zuzug muslimischer Migranten in Deutschland quasi unbekannt war, ist es wichtig das Leute wie Ingrid Thurner dazwischen grätschen.
Quelle: Ingrid Thurner derstandard.at
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