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Kurator'in für: Europa Fundstücke Kopf und Körper
Ich lebe in Marburg und schreibe über Gesundheit und Gesundheitspolitik.
Rückenschmerzen können sehr hartnäckig sein. Manche Menschen leiden Jahrzehnte an wiederkehrenden Schmerzen, obwohl sämtliche Röntgen- und MRT-Bilder unauffällig sind. Kein Schmerzmittel hilft so richtig gut, egal ob es gespritzt, gecremt, aufgeklebt oder geschluckt wird. Viele Patienten werden von den Schmerzmitteln abhängig. Die Opioid-Krise in den USA hat auch etwas mit solchen Langzeitschmerzen zu tun.
Cathryn Jacobson Ramin ist eine Frau, die 40 Jahre lang unter Rückenschmerzen litt. Nichts half so richtig, obwohl sie sich ausgiebig mit dem Kampf gegen ihr Leiden beschäftigte, viele Ärzte und Therapeuten und sehr viele Therapiemethoden kennenlernte – manche darunter, die ihr neue Schmerzen einbrachten, diesmal im Nacken. Sie hielt ihren Leidensweg in einem Buch fest, auch ihre Erfahrungen mit der "Rückenschmerzindustrie" und das, was ihr am besten half.
Die immer sehr lesenswerte Julia Belluz nimmt das Buch zum Anlass, um sich durch 80 wissenschaftliche Arbeiten zu kämpfen, hauptsächlich Reviews, in denen die Ergebnisse vieler Studien zusammengefasst sind. In der Artikelreihe "Show me the Evidence" stellt sie ihre Erkenntnisse vor. Demnach gibt es für viele Methoden, die gesundheitswirtschaftlich Sinn ergeben (die also von Krankenhäusern, Ärzten und Therapeuten abgerechnet werden können), nicht ausreichend Belege. Das heißt, vieles hilft manchen Menschen im Einzelfall, aber nicht genügend Menschen zuverlässig.
Am vielversprechendsten für langwierige Schmerzen sind Bewegungsprogramme in Kombination mit Psychotherapie. Dabei scheint es keine so große Rolle zu spielen, welche Bewegung man wählt, so lange man die Übungen regelmäßig macht und sie die Muskelgruppen stärken, die den Rumpf stabilisieren, während man die Muskeln dehnt, die zu viel arbeiten.
Das Tolle an dieser Artikelreihe ist auch, dass man durch Grafiken und Layoutelemente schnell das Wesentliche lernt, das Lesen des ganzen Artikels aber nicht verpassen sollte: Die Herleitungen sind einfach zu gut.
Quelle: Julia Belluz EN vox.com
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Beeindruckend, was hier für ein Aufwand betrieben wurde. Das ist einer der besten Texte, die ich zu dem Thema bislang gelesen habe - und da ich auch Rücken hab, waren das einige.
Starkes Zitat: “No one dies of low back pain,” one back pain expert, University of Amsterdam assistant professor Sidney Rubinstein, summed up, “but people are now dying from the treatment.”
Kleine Kritik am Text: Das Gegensatzpaar konservative und alternative Methoden ist genauso wenig hilfreich wie das Gegensatzpaar Schulmedizin und Alternativmedizin. Man sollte von wissenschaftlich belegten und nicht belegten Methoden sprechen. Für manche Bewegungsprogramme gibt es Wirksamkeitsnachweise für andere kaum. Ob spezielle Bewegungsprogramme besser helfen als andere lässt sich leider nicht so leicht untersuchen wie zum Beispiel die Wirkung von Arzneimitteln. Solche Therapiestudien sind in der Regel sehr viel aufwendiger und können nicht immer zweifelsfrei erklären, woher ein Therapieerfolg stammt. Um allgemeingültige Aussagen zu treffen, gibt es jedoch nichts besseres als Reviews, die Studien mit möglichst hoher Qualität einschließen.