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Medien und Gesellschaft

Lasst uns den Terrorismus ignorieren!

Bernd Oswald
Autor, Trainer und Trendscout für digitalen Journalismus

Digital Resident aus Leidenschaft. Aber ohne dabei betriebsblind zu sein. Seit 2000 bewege ich mich als Journalist und als Trainer an den digitalen Schnittpunkten von Politik, Medien und Gesellschaft. Nützliche Links habe ich schon immer gerne geteilt.

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Bernd OswaldMontag, 25.09.2017

In den letzten Jahren sind Terroranschläge auch in Europa häufiger geworden. Jedes Mal berichten die Medien sehr groß darüber, oft auch über die Attentäter. Die wollen genau das: Größtmögliche Aufmerksamkeit. Indem Medien breit über solche Anschläge berichten und Leser diese Artikel begierig klicken, halten sie den Terrorismuskreislauf am Laufen - zumindest indirekt. Bastian Berbner dekliniert diesen Aufmerksamkeitskreislauf an zahlreichen - auch historischen Beispielen durch. Er erläutert, wie er selbst als Journalist auch so sozialisiert wurde und warum er jetzt anders denkt. Er sieht nur einen Weg, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen: Lasst uns abstumpfen! Damit meint er sowohl die Journalisten als auch die Öffentlichkeit. Sicher ein provokativer Vorschlag, er sieht auch schon die Einwände voraus und setzt sich damit auseinander. Ein weiterer Grund, warum das einer der besten Artikel ist, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Es handelt sich um ein Dossier aus der ZEIT und ist online frei zu lesen, wenn man sich bei zeit.de anmeldet. 

Lasst uns den Terrorismus ignorieren!

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Kommentare 11
  1. Darkraqqen666 Darkraqqen666
    Darkraqqen666 Darkraqqen666 · vor 7 Jahren

    Ja, aber nein.

  2. Fabian Goldmann
    Fabian Goldmann · vor 7 Jahren

    Zwei Gedanken: Finde es sehr ehrenwert und wichtig, dass Bastian Berbner sich schwierigen Thema annimmt. Vor allem in Hinblick auf die von ihm zitierte Studie, wonach mehr Berichterstattung zu mehr Terror führt. Letztlich geht es, bei dem was wir schreiben, damit auch um Leben und Tod.
    Für mich scheitert sein Text aber daran, dass er jener medialen Überhöhung des Terrors, die er kritisiert, selbst verhaftet bleibt. In seiner Welt verschmelzen ISler, RAFs, Palis... zu einer neuzeitlichen (würde ich auch widersprechen), unheimlichen ("Das Herz der Hydra") globalen Terrorfront , die wir nur anhand von infernalischen Gemeinplätzen fassen können ("Die T wissen genau...", "Das Wesen des T. ist dies und das" / "wir müssen... sonst haben die T gewonnen" usw). Über T. nüchterner zu berichten, beginnt damit T. trotz Ergriffenheit nüchterner zu betrachten und nicht so zu tun, als öffneten sich am Breitscheidplatz die Tore zur Hölle. Konkret: Mehr ausgeruhte, fachkundige Analysen statt Sensation, Blut, Ticker und Superlative. Eigentlich wie immer im Journalismus. D.h.: Ja, wir sollten auf Fußball umschalten, aber nicht um Zeichen gegen T. zu setzen, sondern einfach, weil Fußball läuft.

  3. Eric Bonse
    Eric Bonse · vor 7 Jahren

    Warum nicht "Lasst uns Verbrechen ignorieren"? Berichte über Verstöße gegen die öffentliche Ordnung sowie schlechte Nachrichten gehören zum Journalismus wie die Henne zum Ei. Ich halte von solchen Appellen nichts - es sei denn, es ginge darum, sensationelle Berichterstattung einzudämmen. Aber das ist eine Selbstverständlichkeit.

    1. Frederik Fischer
      Frederik Fischer · vor 7 Jahren

      Was ist denn seine Antwort auf die naheliegenden Gegenargumente (s. Eric)? Gerade bei Inhalten mit Registrierungserfordernis, wäre es prima, solche Punkte schon in der Kurzkritik zu erwähnen. Ich möchte nicht gezwungen sein, mich zu registrieren, um den argumentativen Kern des Inhalts beurteilen zu können. So wirkt die Forderung tatsächlich erstmal extrem realitätsfern.

    2. Bernd Oswald
      Bernd Oswald · vor 7 Jahren

      @Frederik Fischer hier die letzten Absätze, 1. Teil: "Natürlich mache ich mir keine Illusionen. Ein medialer Terrorblackout wird uns nicht gelingen. Es würde ja nicht genügen, wenn zum Beispiel die ZEIT aufhören würde zu berichten. Auch der Spiegel, der stern, die SZ, die Bild, kurz: alle deutschen Medien müssten mitmachen. Und selbst das würde nicht reichen. Viele Deutsche informieren sich über die BBC, die New York Times oder die Neue Zürcher Zeitung.

      Und dann sind da natürlich noch die sozialen Medien, die jenseits des journalistischen Filters existieren. Man könnte ja nicht verhindern, dass irgendwer twittert: " Je suis Charlie " und alle es nachmachen. Oder dass irgendein Augenzeuge ein Wackelvideo von toten Menschen postet wie jetzt nach Barcelona. Man würde Blut sehen oder einen Attentäter "Allahu Akbar" rufen hören – ich will mir gar nicht ausmalen, welches Fest die Lügenpresse-Rufer feiern würden, wenn dann kein Artikel dazu in der Zeitung stünde. Die Medien würden als Kartell beschimpft, das Informationen unterdrückt, und das auch noch zu Recht."

    3. Frederik Fischer
      Frederik Fischer · vor 7 Jahren

      @Bernd Oswald Dank dir. Die letzten Sätze sind tatsächlich ein mutiger Appell. Mit den Medien hat das dann aber kaum noch etwas zu tun. Der Autor erkennt, dass die Medien (leider noch) den Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie gehorchen müssen und von ihnen daher kein andere Handeln zu erwarten ist. Erst wenn es einen gesellschaftlichen Konsens geben sollte, Terror zu ignorieren, würden die Medien evtl. nachziehen. Oder übersehe ich da etwas?

    4. Bernd Oswald
      Bernd Oswald · vor 7 Jahren

      @Frederik Fischer das eine bedingt ja das andere, ist ein bisschen wie das Henne-Ei-Problem: Berichten die Medien weniger, ist auch die Aufmerksamkeit geringer. Anders herum: Ist die Aufmerksamkeit geringer (weil die Leute abstumpfen), berichten die Medien weniger. Das gehört untrennbar zusammen.

    5. Frederik Fischer
      Frederik Fischer · vor 7 Jahren

      @Bernd Oswald Sicher, theoretisch. Sehe nur nicht, welches Medium da den ersten Schritt gehen soll. Solange man mit der Berichterstattung über Terror Geld verdienen kann, wird kein Medium freiwillig verzichten. Diese Diskussion ist doch uralt. Warum sollten Medien ausgerechnet jetzt umdenken? Aber vielleicht bin ich da zu zynisch. Würde mich freuen.

    6. Bernd Oswald
      Bernd Oswald · vor 7 Jahren

      @Frederik Fischer Die Medien sollen jetzt umdenken, weil es noch nie so schlimm war: So viel Terror und so viel Berichterstattung darüber. Und genau das wollen die Terroristen. Klar, man kann sagen: War schon immer so. Aber dann kommen wir nicht weiter. Wir wollen doch hier bei piqd außergewöhnliche Blickwinkel und Denkanstöße aufzeigen, oder? Und diese These: "Lasst uns abstumpfen, damit wir nicht mehr Terrorhelfer sind", finde ich wirklich sehr außergewöhnlich - auch, wenn sie utopisch erscheinen mag. Der Artikel hat mich wirklich elektrisiert, bei jeder Zeile habe ich gedacht: Ja, so ist es. Bitte mach Dir die Mühe, ihn komplett zu lesen, er ist die Registrierung allemal wert.

    7. Bernd Oswald
      Bernd Oswald · vor 7 Jahren

      @Frederik Fischer und 2. Teil bis zum Schluss: "Die Terroristen wissen: Wir können nicht anders – und das nutzen sie aus.

      Es gibt daher nur einen Weg, um die Berichterstattung zu reduzieren, um erst die Journalisten zum Schweigen zu bringen und dann die Terroristen: Das Interesse an den Anschlägen muss nachlassen. Wir müssen abstumpfen.

      Deswegen ist jede Attacke, die uns gleichgültig lässt, jeder Anschlag, den wir schnell wieder vergessen, jeder Tag, an dem das Brandenburger Tor nicht aus Solidarität in eine Lichtflagge gehüllt ist, ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn wir nach dem nächsten Anschlag vom ARD-Brennpunkt mit den Terrorbildern umschalten und lieber Fußball gucken, dann sollten wir dies nicht mit einem schlechtem Gewissen tun. Sondern mit einem guten Gefühl."

    8. Bernd Oswald
      Bernd Oswald · vor 7 Jahren

      Verbrechen ist ein sehr weiter Begriff. Dem Autor geht es explizt um den Terrorismus, der sich daraus nährt, dass Medien landauf landab das ganz große Besteck auspacken, wenn es um Anschläge geht -
      teilweise auch sensationsheischend. Aber selbst wenn es einigermaßen sachlich ist: Diese Aufmerksamkeit ist das Lebenselixier des Terrorismus. Darum finde ich, dass Berbner absolut recht hat, auch wenn er sicher eine Minderheitenposition vertritt.

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