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Geboren 1959 in Rostock, Lehre als Rinderzüchter, Arbeit im Beruf, 1990
Abitur. 1992 Studium Alte Geschichte und Latein an der Humboldt-Universität
Berlin. 1998 bis 2001 Aufenthalt in Südostasien, danach Jobs als Kellner in
Berlin. Seit 2005 Reportagen und Porträts für „taz" und „Freitag", 2006
Reportagen für den Reiseteil der „Welt am Sonntag", Reportagen für die "Sächsische Zeitung", für "Merian", für den Reiseteil der "FAZ", für Ressort Leben und Politik der "FAS".
Nach dem Ersten Weltkrieg ließ sich ein deutscher Revolutionär in Tampico nieder, der Stadt am Golf von Mexiko. Unter dem Pseudonym B. Traven wurde er als Schriftsteller weltberühmt
Reich war Tampico, die reichste Stadt unter allen Städten vom Rio Bravo bis hinunter nach Yucatán. Dobbs und Curtin aber, die Amerikaner, die des Reichtums wegen aus den Staaten herübergekommen waren, mussten in den Straßen betteln.
Nachts im Logierhaus hörten sie dem alten Howard zu. Bald zogen sie mit ihm zusammen den Bergen bei Monterrey entgegen, dorthin, wo »Der Schatz der Sierra Madre« zu finden wäre, und unter der Überschrift hat B. Traven das Wagnis der Goldsuche aufgeschrieben.
Es waren die Jahre nach dem Ende der Revolution in Mexiko. Linke von überallher hatten sich das Land als neue Heimat gewählt. B. Traven, der Anarchist aus Deutschland, war 1924 auf einem Dampfer im Norden der Golfküste Mexikos angekommen und hatte sich in Tampico niedergelassen.
Er lebte in einer Hütte an der Estasion Colonia Columbus, einer Eisenbahnstation. Im Tagelohn arbeitete er auf Baumwollplantagen, später auf den Ölfeldern südlich der Stadt. Nach einem Jahr begann er damit zu schreiben. Um Gut und Böse geht es in seinen Geschichten, um Habenichtse und Ausbeuter.
Als politisch wie moralisch radikaler Schriftsteller sah er sich. In der Weimarer Republik jedoch ist er vor allem als Verfasser von Abenteuerliteratur wahrgenommen worden, die in einer fernen, unbekannten Gegend spielt und deren Titel meist düster klingen, »Das Totenschiff«, »Die Rebellion der Gehenkten«.
»B. Traven, Tamaulipas, Mexiko«, unter der Postfachadresse war er als Autor bekannt. Tamaulipas ist der Bundesstaat an der Nordostgrenze zu den USA, dessen größte und bedeutendste Stadt Tampico war und ist.
B. Traven hatte kein Interesse daran, allzu viel von seiner Identität preiszugeben. Weil er während der Münchener Räterepublik von 1919 Pressezensor der Regierung gewesen war, suchte die bayerische Polizei mittels Steckbrief nach ihm. Nach seiner Flucht aus Deutschland über Skandinavien, England und Stationen an Afrikas Westküste hat Mexiko ihn schließlich aufgenommen.
Sechs Jahre lang wohnte er in der Hütte, von 1924 bis 1930, und schrieb dort Erzählungen und vier Romane, »Der Schatz der Sierra Madre« darunter. Danach zog er in ein Haus nach Acapulco um.
Ein einziges Mal noch kehrte er nach Tampico zurück, 1946, um den Regisseur des Films »Der Schatz der Sierra Madre« zu beraten. Mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle ist auf der Plaza de la Libertad gedreht worden und an der Heroes del Canonero, der Straße zum Hafen.
Lange Zeit war die Stadt Zentrum der Baumwolle gewesen. Bis um 1900 Öl in der Gegend entdeckt worden ist, und als sich B. Traven die Hütte an der Bahnstation mietete, schien Tampico einzig Ort des Vergnügens zu sein. Mit New Orleans, »The Big Easy« genannt, ist Tampico damals verglichen worden.
Eine Straßenbahn fuhr von der Plaza de la Libertad aus bis zur Playa Miramar hin, dem Badestrand am Golf von Mexiko. In den Villen der Wohnkolonien auf den Hügeln über der Stadt lebten Amerikaner, Engländer, Franzosen, Spanier und Deutsche zusammen mit ihren Frauen.
Unten in den Lagunen badeten die Armen, Männer, die das Geld für die Straßenbahn nicht hatten. Unbekleidet badeten sie, und die Frauen in den Villen sahen ihnen von der Höhe der Oberstadt aus mit Ferngläsern dabei zu.
Vom Flughafen gingen Flüge in alle Richtungen. Schnellboote auf dem Rio Pánuco, dem Fluss, beförderten Schiffskapitäne und Ölbosse hin und her, kreuzten dabei das Fahrwasser der Fähren, die Ölarbeiter zu ihren Camps schafften.
Vor den Bürohäusern, Banken und vor dem Hotel Riviera standen Reihen von Taxis, die die Fahrgäste zum nächsten Flug oder zum Passagierhafen zu bringen hatten, und chinesische Köche kochten in den Restaurants. Bettler und Huren in den Straßen, Eiswasserverkäufer, Schuhputzer, Brotausträger. Leute dazu, die Löwen- und Tigerfelle zum Kauf anboten. Elend und Überfluss so nahe beieinander wie in keiner anderen mexikanischen Stadt sonst.
Die Matrosen von den Tankern fingen vormittags in den Bars und Cantinas zu trinken an. Hatten sie genug getrunken, gingen sie zu den Bordellen zwischen Heroes del Canonero und dem Hafen. Waren die Matrosen dort fertig, tranken sie zu Mariachi-Musik weiterhin Whisky und Bier. Waren sie auch damit fertig und fanden vielleicht ihr Schiff nicht mehr, kümmerte sich die Seemannsmission um sie.
Als Mexiko die Ölförderung in den dreißiger Jahren verstaatlichte, zog sich zusammen mit den ausländischen Arbeitern und Managern auch die Ausschweifung aus Tampico zurück.
Unter den Arkaden auf der Plaza de la Libertad steht eine lebensgroße Bronzeplastik. Humphrey Bogart mit Hut und offenem Hemd an einem Tisch. Vor den Fensterladen einer ehemaligen Kaffeestube sitzt das Abbild, und es ist, als hätte es den Blick hinüber auf das Eckhaus mit rundem Erker gerichtet. Bis vor einigen Jahren hat der deutsche Honorarkonsul im zweiten Stock sein Büro gehabt.
Kaum noch, dass Schiffe unter deutscher Flagge im Hafen angelegt haben. Für einen Honorarkonsul ist daher zu wenig zu tun gewesen. Das deutsche Konsulat im Nachbarstaat Nuevo Leon hat nun das Wenige mitübernommen.
Jeden Donnerstagabend von sieben Uhr an sind Leichtigkeit und Vergnügen in Tampico zurück. Zum Spiel des örtlichen Blas- und Streichorchesters tanzen Frauen und Männer paarweise Danzón miteinander, den Tanz, der von Haiti stammt und Würde, Eleganz und Anmut von den Teilnehmern verlangt.
Dem Tango ähnlich, so bewegen sie sich um den Orchesterpavillon auf der Plaza de la Libertad herum, und die Zuschauer klatschen ihnen Beifall dazu. Zwei Stunden lang und das Fest ist vorüber, weil sich nach neun Uhr der Aufenthalt im Freien nicht empfiehlt.
Tampico, der Staat Tamaulipas insgesamt sind Teil der Drogenroute nach Nordamerika. Militärpolizei patrouilliert in den Ausfallstraßen in Panzerwagen. Am Flughafen stehen Posten mit Sturmgewehr vor der Brust und mit Sturmhaube über dem Gesicht. An der Schnellstraße nach Matamoros, der Grenzstadt am Rio Bravo, die Brownsville in Texas gegenüber hat, hat die Armee Kontrollstellen auf der Suche nach Waffen und Rauschgift, nach Bündeln von Dollarnoten und überhaupt nach Verdächtigem eingerichtet.
Dobbs, Curtin und der alte Howard waren nach langer Reise von Tampico bis nach Monterrey gelangt. Sie erreichten das Hochgebirge der östlichen Sierra Madre. Sie gruben danach, und sie fanden Gold, verloren es durch einen Überfall, und auch Tampico sah keiner von ihnen wieder.
»Der Schatz der Sierra Madre«, Buch und Film haben B. Traven selbst Segen gebracht. Außer in Deutschland ist sein Werk vor allem in Mexiko, England und den USA berühmt. Öl und Gold, schreibt er, Dinge, die einander gleichen, weil ihr Besitz Reichtum und gleichzeitig Unglück bringt.
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